In den kommenden zehn Jahren werden 450 Stellen abgebaut / Kritik von Linken-Innenpolitiker Stange
Von jürgen kochinke
 Dresden. Wenn es bisher um den Personalnotstand bei der 
sächsischen Polizei ging, waren sich die Kritiker von Schwarz-Rot 
schnell einig. Der von der CDU/SPD-Regierung beschlossene 
Neueinstellungskorridor reicht nicht aus, angesichts der enorm 
gestiegenen Belastungen müssten mehr junge Kräfte her. So redeten alle, 
von der Opposition bis hin zur Gewerkschaft der Polizei (GdP). Jetzt 
aber liegen erstmals Zahlen zum Thema vor, erstellt von Enrico Stange, 
dem Innenpolitiker der Linken. Ergebnis: Trotz der erst kürzlich von 
Schwarz-Rot beschlossenen Anhebung der Neueinstellungen von 300 auf 400 
junge Beamte steht der Polizei ein weiterer Schrumpfkurs bevor. Im 
Schnitt fallen pro Jahr rund 50 Stellen dem Rotstift zum Opfer, 
insgesamt 450 sind es bis 2025 (siehe Grafik).
 Derzeit sind laut Stange in Sachsen rund 13050 Beamte im Dienst. Die 
Anzahl jener Polizisten, die wirklich ermitteln oder unterwegs auf der 
Straße sind, liegt allerdings erheblich darunter. So gibt es derzeit 
lediglich 11000 sogenannte Vollzugsbeamte, die restlichen über 2000 sind
 woanders tätig, als Verwaltungsbeamte zum Beispiel. Bei seinem gesamten
 Zahlenwerk bezieht sich der Linke ausschließlich auf offizielle Werte, 
die er zuvor im Innenministerium erfragt hat. Dabei hat er vor allem die
 sogenannten Altersabgänge und Neueinstellungen unter die Lupe genommen,
 mit dem Resultat: Der Stellenabbau geht weiter, durch den erweiterten 
Neueinstellungskorridor wird er lediglich gebremst. Allerdings gilt das 
nur für den Fall, dass die Höhe der Neueinstellungen auf demselben 
Niveau bleibt - was keineswegs ausgemacht ist.
Für Stange ist dies das falsche Signal. "Die Aufgabenanforderungen an 
die Polizei sind mit einem weiter sinkenden Personalbestand nicht zu 
erfüllen", sagt er. Es müsse dringend gegengesteuert werden. 
"Erforderlich wäre eine deutliche Ausweitung des Einstellungskorridors, 
vor allem für Beamte im Vollzugsdienst", so Stange. Das sieht die 
Gewerkschaft der Polizei (GdP) ganz ähnlich. "Wenn sich nichts ändert, 
gehen Sicherheit und Polizeiarbeit den Bach runter", meint Landeschef 
Hagen Husgen. Längst sei die Belastungsgrenze für die Beamten 
überschritten.
Laut Husgen sind sogar 100 bis 150 Neueinstellungen zusätzlich nötig, um
 den Altersabbau sowie die enorm angewachsenen Anforderungen zu 
kompensieren. "Wir haben ständig neue Aufgaben gekriegt, aber kein 
Personal", meint der GdP-Chef. Als Beispiele nennt er die 
Internet-Kriminalität, den boomenden Rauschgiftmarkt, Pegida und seine 
Ableger sowie Demos und Proteste. Und noch Zweierlei kommt hinzu: "Ich 
denke mit Schrecken an das Wochenende, wenn die 3. Liga im Fußball 
wieder beginnt", nennt Husgen das eine gravierende Problemfeld. Bei dem 
anderen handelt es sich um den gesamten Asylbereich, die Sicherung von 
Erstaufnahmeeinrichtungen vor allem.
Das Innenministerium wiederum verweist auf das sogenannte 
Polizei-Konzept 2020. "Ziel der Reform ist immer gewesen, die 
Polizeipräsenz auf der Straße aufrecht zu erhalten", sagt Martin 
Strunden, der Sprecher von Minister Markus Ulbig (CDU). "Es ist Aufgabe 
der gerade eingerichteten Fachkommission, den künftigen Personalbedarf 
der Polizei neu zu bewerten." Worauf Strunden anspielt, ist die geplante
 Evaluation, die im kommenden Jahr auf dem Tisch liegen soll. Im Zentrum
 steht die Frage, ob die Stellenausstattung dem tatsächlichen Bedarf 
entspricht. Dabei geht es auch um die zukünftige Kriminalitätsbelastung 
sowie die hohe Zahl von Großeinsätzen.
