Hohe Kosten nach Lüneburger Auschwitz-Urteil

Erstveröffentlicht: 
17.07.2015

Früherer SS-Mann Gröning zu Haftstrafe verurteilt

 

Von Peer Körner, Sara Lemel und Michael Evers


Lüneburg. Nach dem Lüneburger Auschwitz-Urteil haben Opfervertreter die Klarstellung des Gerichts hervorgehoben, dass auch kleine Rädchen der Vernichtungsmaschinerie mit einer Verurteilung rechnen müssen. Die Entscheidung folge dem Grundsatz, "dass, egal welche Rolle eine Person bei dem Morden gespielt hat, er oder sie Mordkomplizen waren und Verantwortung tragen", sagte eine Sprecherin der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gestern.
Das Landgericht im niedersächsischen Lüneburg hatte den früheren SS-Mann Oskar Gröning am Mittwoch wegen Beihilfe zum Mord in Auschwitz in 300000 Fällen zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Gröning hatte unter anderem eingeräumt, in dem Nazi-Vernichtungslager Geld aus dem Gepäck der Verschleppten genommen und in die Hauptstadt Berlin weitergeleitet zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Staatsanwaltschaft und Verteidigung noch eine Revision prüfen wollen.


Der wichtigste Aspekt des Prozesses gegen Gröning sei gewesen, dass er eine Debatte über die persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen für die Schrecken der NS-Zeit angestoßen habe, sagte die Yad-Vashem-Sprecherin. Er sei dem Grundsatz gefolgt, "dass die Nazi-Verbrechen nie verjähren können".


Wenn das Urteil gegen Gröning rechtskräftig wird, könnten auf den 94-Jährigen Verfahrenskosten in sechsstelliger Höhe zukommen, sagte Gerichtssprecherin Frauke Albers. Allein die Anwaltsgebühren ohne Spesen lägen bei mindestens 120000 Euro. Insgesamt waren die mehr als 70 Nebenkläger zuletzt von 14 Juristen vertreten worden. Dazu kämen Kosten für die Dolmetscher von rund 75000 Euro plus Spesen, sagte Albers weiter. Für die eigens als Verhandlungsort angemietete Ritter- akademie schlügen knapp 65000 Euro zu Buche.