Früherer SS-Mann Gröning zu Haftstrafe verurteilt
Von Peer Körner, Sara Lemel und Michael Evers
Lüneburg. Nach dem Lüneburger Auschwitz-Urteil haben Opfervertreter die
Klarstellung des Gerichts hervorgehoben, dass auch kleine Rädchen der
Vernichtungsmaschinerie mit einer Verurteilung rechnen müssen. Die
Entscheidung folge dem Grundsatz, "dass, egal welche Rolle eine Person
bei dem Morden gespielt hat, er oder sie Mordkomplizen waren und
Verantwortung tragen", sagte eine Sprecherin der israelischen
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gestern.
Das Landgericht im niedersächsischen Lüneburg hatte den früheren
SS-Mann Oskar Gröning am Mittwoch wegen Beihilfe zum Mord in Auschwitz
in 300000 Fällen zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Gröning
hatte unter anderem eingeräumt, in dem Nazi-Vernichtungslager Geld aus
dem Gepäck der Verschleppten genommen und in die Hauptstadt Berlin
weitergeleitet zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil
Staatsanwaltschaft und Verteidigung noch eine Revision prüfen wollen.
Der wichtigste Aspekt des Prozesses gegen Gröning sei gewesen, dass er
eine Debatte über die persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen
für die Schrecken der NS-Zeit angestoßen habe, sagte die
Yad-Vashem-Sprecherin. Er sei dem Grundsatz gefolgt, "dass die
Nazi-Verbrechen nie verjähren können".
Wenn das Urteil gegen Gröning rechtskräftig wird, könnten auf den
94-Jährigen Verfahrenskosten in sechsstelliger Höhe zukommen, sagte
Gerichtssprecherin Frauke Albers. Allein die Anwaltsgebühren ohne Spesen
lägen bei mindestens 120000 Euro. Insgesamt waren die mehr als 70
Nebenkläger zuletzt von 14 Juristen vertreten worden. Dazu kämen Kosten
für die Dolmetscher von rund 75000 Euro plus Spesen, sagte Albers
weiter. Für die eigens als Verhandlungsort angemietete Ritter- akademie
schlügen knapp 65000 Euro zu Buche.