Flüchtlingsrat kümmert sich um Menschen in Not - und kommt selber gerade so über die Runden
Von Dominic Welters
 Ein bisschen ist es wie mit den hilflosen Helfern: Da bemüht sich der 
Flüchtlingsrat Leipzig seit 25 Jahren (!) dank der Unterstützung 
hunderter Messestädter um ein menschenwürdiges Dasein für die vielen 
Vertriebenen in der Region, denen in ihren Heimatländern Gefahren für 
Leib und Leben drohen, und muss doch selber permanent um die Existenz 
bangen. Denn der gemeinnützige Verein besitzt keine dauerhafte 
Geldquelle, die ihn speist. Er finanziert sich nahezu ausschließlich 
durch Spenden.
 Sonja Brogiato, Vorsitzende des Flüchtlingsrates, nennt den täglichen 
Kampf um den eigenen Fortbestand deshalb "eine äußerst sportliche 
Herausforderung". Die gebürtige Oberösterreicherin, die seit 1990 in 
Leipzig lebt, denkt dabei an Miete und Nebenkosten für das halbe Dutzend
 Flüchtlingsratsräume samt kleinem Saal in der zweiten Etage der 
Sternwartenstraße 4 und an die zahlreichen Projekte des Vereins. Wobei 
es für einige Vorhaben Zuschüsse von der Stadt gibt. "Unterm Strich ist 
und bleibt es ein hartes Ringen, alles am Laufen zu halten. Der Vorteil 
in dieser Situation: Wir sind absolut unabhängig", sagt die 55-Jährige. 
Wenn es also darum geht, die Interessen von Flüchtlingen gegenüber 
Behörden oder Gesundheitseinrichtungen zu vertreten, wird mit Nachdruck 
gearbeitet. Faule Kompromisse soll es nach Möglichkeit nicht geben. 
Fünf Mitarbeiter, für die teilweise das Sozialamt aufkommt, sind in der 
Sternwartenstraße zusammen mit den Mitgliedern der Vereinsführung die 
ersten Ansprechpartner für die vielen Fremden, die Tag für Tag auf 
Beistand hoffen. Es kommen Menschen, deren Asylantrag läuft, die 
bürokratische Probleme quälen. Beim Flüchtlingsrat treffen sie auf 
Muttersprachler. Es kommen aber auch solche, deren Einbürgerung längst 
beschlossene Sache ist, die geeigneten Wohnraum suchen oder einen Job. 
Oder Möbel. "Manchmal kann es sein, dass wir Leuten Mobiliar aus unseren
 Büros mitgeben. Dann müssen wir uns halt wieder was organisieren", 
erzählt Sonja Brogiato. Motto: Was gebraucht zu haben ist, wird 
rangeschafft oder angenommen. Erst unlängst gab es eine Ladung alter 
Stühle aus dem Gemeindesaal der stillgelegten katholischen 
Propsteikirche am Rosental.
Den Schwerpunkt der Arbeit des Flüchtlingsrates bildet das Schlagwort 
Eingliederung. Das recht junge Patenschaftsprogramm soll einheimische 
Familien mit ausländischen zusammenführen. 250 dieser Partnerschaften 
gibt es bereits. Des Weiteren hat der Verein Ärzte, Physiotherapeuten 
und Logopäden an seiner Seite, die ihre Dienste kostenfrei anbieten. 
Handwerker aus der Stadt und dem Umland erklären den neuen Mitbürgern, 
wie sie sich hier und da selber helfen können. Sprachlehrer machen Jung 
und Alt fit im Deutschen. Befreundete Sportvereine und Kreativzirkel 
beschäftigen sich in den Gemeinschaftsunterkünften der Stadt mit den 
Kindern der Vertriebenen.
Ein Projekt sticht besonders heraus, für das der Flüchtlingsrat einen 
zweiten Verein gegründet hat: Bei "Integration durch Bildung" geht es um
 kostenlosen Förderunterricht von der Grundschule übers Abitur bis hin 
zur Berufsausbildung im Rahmen des Dualen Systems. 
Hochbegabten-Förderung eingeschlossen. "Es soll jedes Niveau seine 
Berücksichtigung finden. Vor allem aber interessieren uns die Untersten 
in der Nahrungskette, die Bildungsfernen", betont Sonja Brogiato. 
Meistens gehen die ehrenamtlichen Lehrer, darunter viele (arabisch 
sprechende) Studenten, in die Familien. Doch auch im Unterrichtsraum in 
der Sternwartenstraße wird gepaukt. Nur leider ist dessen Fußboden total
 verschlissen. Die Vereinschefin hätte deshalb gern einen neuen. Nur 
gilt auch in diesem Fall: Spender gesucht.
 Spendenkonto: IBAN: DE41 8605 5592 1160 5425 85; BIC: WELADE8LXXX
