Versammlung zum Thema Asyl endet unversöhnlich
Von Christoph Springer
 Freital. Hunderte sind gestern in Freital 
(Osterzgebirge-Sächsische Schweiz) zur zweiten Einwohnerversammlung zum 
Thema Asyl zusammengekommen - begleitet von heftigen Tumulten und 
lautstarken Auseinandersetzungen. Gut 300 Personen fanden im Kulturhaus 
Platz, viele Freitaler mussten jedoch draußen bleiben - was gleich zu 
Beginn der Veranstaltung für Proteste sorgte. Laut Freitals Erstem 
Bürgermeister Mirko Kretschmer-Schöppan (parteilos) sollten sich aber 
alle auf "Augenhöhe" begegnen. Deshalb saßen keine Einwohner auf den 
Rängen, keine Diskussionsteilnehmer auf der Bühne. Zu einer sachlichen 
Diskussion führte diese Konstellation dennoch nicht; die Teilnehmer, zu 
denen Innenminister Markus Ulbig (CDU), Finanzstaatssekretär Michael 
Wilhelm, Vize-Landrat Peter Darmstadt (CDU) und Dresdens 
Polizeipräsident Dieter Kroll gehörten, wurden ausgebuht, bei ihren 
Erklärungen unterbrochen und als Lügner bezeichnet.
 Erst als zugesagt wurde, weitere Foren abzuhalten, beruhigte sich die 
Situation ein wenig. Ulbig sagte, Ziel der Versammlung sei, Sorgen und 
Themen der Bürger aufzunehmen. Er betonte zugleich, dass die Unterkunft 
in Freital bis Ende 2015 als Ausweichquartier für die Erstaufnahme von 
Flüchtlingen bestehen müsse und es entsprechende Verträge bis Ende 
Januar 2016 gebe. "Es kann durchaus sein, dass wir diesen Vertrag 2016 
noch einmal verlängern", sagte er. Seit Monaten kommt es in Freital zu 
Protesten gegen die Unterkunft in einem früheren Hotel. Als dort vor 
zwei Wochen eine Erstaufnahmeeinrichtung mit weiteren 280 Plätzen 
eingerichtet wurde, eskalierte die Lage. Die Anwohner sprachen von einer
 "Nacht- und Nebelaktion" der Regierung. Ulbig räumte Fehler bei der 
Kommunikation ein.
Die Mehrheit im Saal bildeten gestern Freitaler, die Kritik loswerden 
wollten. Sie beschwerten sich über Lärm und Dreck. "Wir wohnen 25 Meter 
von dem Asylantenheim entfernt, da ist unser Schlafzimmer. Da sind fünf 
Leute in einem Zimmer, die unterhalten sich. In der Nacht dröhnt das ja 
sonst wie", so eine Nachbarin. "Die dürfen nicht in Zelten schlafen, das
 sehe ich ein", stellte sie mit Blick auf die überfüllte sächsische 
Erstaufnahmestelle in Chemnitz fest. "Ich sehe aber nicht ein, wieso ich
 da meine Nachtruhe einbüßen soll."
 Eine Mitarbeiterin der Freitaler "Organisation für Weltoffenheit und 
Toleranz" wurde von den Besuchern ausgebuht und aus dem Saal verwiesen. 
Ein Freitaler stand schließlich auf und kappte die Mikrofonverbindung. 
Beim zweiten Redeversuch sagte die Frau, die Organisation habe 
zugesichert, keine Kundgebungen mehr abzuhalten. Künftig werde sie aber 
wieder "Gebrauch von ihrem Grundrecht machen". Daraufhin wurde sie 
erneut ausgebuht und kapitulierte vor den Protestrufen - unter dem 
Beifall der Versammelten.
 "Bis jetzt wurde hier nur rumgebrüllt und rumgepöbelt", fasste eine 
Freitalerin die Stimmung zusammen. "Warum gelingt es in Freital nicht, 
ein Bündnis hinzubekommen, in dem ich mich vertreten fühle. Ich vermisse
 die Parteien, die Gewerkschaft, ich vermisse die Kirchen." In diesem 
Punkt war sie sich mit Frank Richter, dem Chef der Zentrale für 
politische Bildung, einig, der auch in Freital wohnt. "Was können wir 
tun, dass die offensichtlich werdende Spaltung in dieser Stadt behoben 
wird?", fragte er. "Wir werden einige nicht gewinnen, weil die sich 
nicht verständigen wollen, sondern sich durchsetzen wollen." Der Erste 
Bürgermeister Kretschmer-Schöppan sagte, die Gesellschaft in der Stadt 
müsse "wieder zusammenfinden".
