Kulturbüro-Analyse: Strategiewechsel bei Rechten
Von Andreas Debski
 Leipzig. In Bürgerprotesten scheinen sich die angestaute Wut und die 
geballten Vorurteile zu entladen - doch nicht selten stammen die 
Hintermänner aus der rechtsextremen Szene. Das ergab die Analyse 
"Sachsen rechts unten 2015" des Kulturbüros Sachsen. "Wir stellen einen 
Strategiewechsel fest: Es gibt nicht mehr den zwingenden Bezug zu 
NS-Themen, sondern es werden ganz gezielt Bürgersorgen kanalisiert und 
rassistische Proteste gestaltet", erklärt  Fachreferent Michael Nattke. 
So gebe es nachweislich personelle Vermischungen, Führungsfiguren der 
gewaltbereiten Neonazi-Szene agierten als Strippenzieher diverser 
Bürgerinitiativen und Bürgerwehren im Freistaat. Dabei würden unter 
anderem Räume, Netzwerke, Infrastrukturen wie auch Propagandamaterial 
zur Verfügung gestellt.
 Bürgerwehren als Anti-Asyl-Protest
 "Die rechtsextremen Parteien haben auf jeden Fall dazugelernt und sind 
nicht mehr mit der alten NPD vergleichbar. Es geht um die 
Anschlussfähigkeit an breite Bevölkerungsschichten", macht Michael 
Nattke klar. Das Kulturbüro berät seit 2001 landesweit Vereine, 
Kirchgemeinden, Firmen sowie Kommunalpolitiker und Verwaltungen zu 
Rechtsextremismus. Die Mitarbeiter, darunter in mobilen Beratungsteams, 
gelten als ausgewiesene Szene-Kenner.
Gerade in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen finden die Rechtsextremen 
in Sachsen einen Nährboden: Nach Ansicht des Kulturbüros ist der 
Freistaat bundesweit das Zentrum der Anti-Asyl-Proteste, die in den 
vergangenen zwei Jahren stark zugenommen haben - entgegen den 
Verlautbarungen des Innenministeriums bilden sich zunehmend 
Bürgerwehren, um gegen Asylsuchende vorzugehen. Die Neonazi-Partei "Der 
Dritte Weg" verteilt seit geraumer Zeit einen Leitfaden "Wie be- bzw. 
verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner 
Nachbarschaft", der in der Bevölkerung hoch frequentiert wird. "Diese 
Entwicklung ist höchst gefährlich", macht Grit Hanneforth, die 
Geschäftsführerin des Kulturbüros, klar.
 Musik und Vertriebe als Geldquelle
 Da die NPD als Finanzier inzwischen weitgehend ausfällt, werden neue 
Geldquellen auf- und alte ausgebaut. Mit PC-Records, OPOS-Records und 
Front-Records seien drei der bundesweit wichtigsten neonazistischen 
Musik-Label in Sachsen ansässig, so das Kulturbüro: "Ein Großteil der 
rechten Musik-Szene in der Bundesrepublik wird über diese Firmen 
produziert und vertrieben." Die zahlreichen Geschäfte und Vertriebe - 
Musik, Mode, Tattoo-Läden - sorgten dafür, dass Arbeitsplätze in der 
Neonazi-Szene geschaffen und zudem Jugendliche angelockt werden. "Die 
Wirkung dieses Vertriebs- und Geschäftsmodells ist mindestens genauso 
hoch einzuschätzen wie die von rechten Parteien und anderen 
Zusammenschlüssen", stellt Nattke fest. Außerdem haben die Szene-Kenner 
in den vergangenen drei Jahren ein weiteres, wachsendes Geschäftsfeld 
der Neonazis ausgemacht: Drogen - vor allem in Nordsachsen gebe es 
eindeutige Überschneidungen. 
 Die Publikation, die auch viele Beispiele enthält, lässt sich als 
PDF-Dokument kostenlos herunterladen: www.kulturbuero-sachsen.de
