Endlich hat auch der Anarchistische Kampf Leverkusen es geschafft einen eigenen Blog fertig zu basteln. Zudem wurde auch ein erster Artikel veröffentlicht:
Extremismus-Theorie und Öffentlichkeit libertärer Projekte
Extremismusmodelle und -theorien sind immer Werkzeuge einer herrschenden Klasse zur Verteidigung ihrer Macht gegen Gruppen und/oder Personen, die das herrschende System verändern wollen. Es dient somit als Mittel zur "Kategorisierung [...] (vermeintliche[r]) >Staatsfeinde< "(1). Jedoch wird es vor allem genutzt zur Diffamierung antifaschistischer Organisationen (a.i.d.a im Verfassungsschutzbericht Bayern 2010) und der Verharmlosung nationalistischer, chauvinistischer und homphober Gruppierungen und Parteien, wie zum Beispiel der AFD im Verfassungsschutzbericht NRW 2013 ("Die AfD wird in der linksextremistischen Szene nahezu gleichermaßen als Feindbild angesehen wie rechtsextremistische
Parteien"(2). Mit dieser Formulierung wird eindeutig, dass der Verfassungsschutz NRW meint, dass die AFD unrechtmäßig in einer Ecke mit anderen "rechtsextremistischen" Parteien gestellt wird.)
Das
eigentliche Problem ist das zugrunde liegende Extremismusmodell: Das
Hufeisenmodell. (Bild 1)
Die sogenannte "Mitte"
wird als höchste Stufe angesehen, die es zu erreichen gibt und zudem
erlaubt man abweichende Meinungen ("links" und "rechts"),
welche aber schon auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe stehen. Am
weitesten entfernt von einander, in Bezug auf ihre politische Heimat,
sind die "Linksradikalen" und die "Rechtsradikalen",
jedoch muss man dafür ist man aber auch schon sehr weit von der
anzustrebenden "Mitte" entfernt. Ganz unten findet man die
"Links- und Rechtsextremen", welche schon fast
gleichgesetzt werden und - nach dem Hufeisenmodell - viele
Gemeinsamkeiten haben. Durch dieses Modell erreichen
Verfassungsschutz "eine Verharmlosung [...] menschenfeindlicher
Phänomene durch die Gleichsetzung von >Rechts-< und
>Linksextremismus< "(3). Besonders verherrend ist das für
anarchistische Gruppierungen, welche traditionell unter "linksextrem"
geführt werden, obwohl sie sich durch ihre Ablehnung diktaktorischer
Systeme wie der UDSSR und der DDR von anderen "linksextremistischen"
Gruppierungen, sowie natürlich auch von allen
"rechtsextremistischen" Gruppierungen unterscheiden. Durch
den, von Verfassungsschutz, Polizei, Staat und
Sozialwissenschaftlern, geführten Diskurs werden libertäre Projekte
von Anfang an in aller Öffentlichkeit diffamiert. Während
also das Problem der anti-antifaschistischen Tendenzen der
Extremismustheorie und des Verfassungsschutz, sowie die Verweigerung der Akzeptanz eines "Extremismus der Mitte" einerseits existiert,
gibt es für anarchistische Projekte noch ein zweites Problemfeld,
nämlich die Schwierigkeit die Möglichkeit zu haben den Blick der
Gesellschaft (nicht des Staates) dafür zu schärfen, dass es neben
dem postdemokratischen Ist-Zustand, dem nationalistischen
Vergangenheitsstaat, sowie dem marxistisch Einparteienstaat der
ML-er, eine vollkommen andere Alternative gibt. Die Alternative einer
freien Gesellschaft.
Ein Teil der Sozialwissenschaft hat dies
schon vor ein paar Jahren erkannt und ein neues Modell verschiedener
Staats- und Gesellschaftstheorien erarbeitet. (Bild 2)
Zurzeit
wird werden weitere Modelle entwickelt, da man mittlerweile davon
ausgeht, dass die Gesellschaft in ineinander greifende Milieus
organisiert ist. Mit dem Modell des 2-dimensionalen politischen Raum
wurde dies vereinfacht berücksichtigt, doch wird das nächste Modell
wahrscheinlich 3-dimensional - entweder eine Kugel oder ein
Würfel.
Doch die Entwicklung einer theoretischen Grundlage ist
die Aufgabe von Wissenschaftlern und nicht die primäre Aufgabe
anarchistischer Projekte. Diese haben andere Möglichkeiten um
Menschen einzuladen ungezwungen libertäre Alternativen
kennenzulernen oder auf die Alternativen aufmerksam zu machen. Dies
sollte, neben der Bekämpfung authoritärer Systeme, der zweite
Aufgabenbereich libertärer Projekte sein. Ein schönes Beispiel
dafür ist zum Beispiel das Do-it-yourself Grillen der schwarzen
Ruhr-Uni in Bochum (http://schwarzerub.blogsport.de/d-i-y-grillen/).
Natürlich sollten die Mitglieder libertärer Projekte aber darauf
achten, wenn sie auch Aktionen durchführen, welche von der Polizei
verfolgt werden, dass dann öffentliche Treffen nicht so einfach
durch zu führen sind. Jedoch sollte es, bei öffentlicht
auftretenden, Gruppen immer eine Kontaktmöglichkeit geben.
(1)
Dölemeyer, Anne und Mehrer, Anne: "Einleitung:
Ordnung.Macht.Extremismus", S. 7; in Forum für kritische
Rechtsextremismusforschung (Hrsg.): "Ordnung.Macht.Extremismus -
Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells", Wiesbaden
2011, VS Verlag für Sozialwissenschaften
(2)
Verfassungschutzbericht NRW 2013, 4.2 Aktionsorientierter
Linksextremismus, S. 216
(3)Dölemeyer, Anne und Mehrer, Anne:
"Einleitung: Ordnung.Macht.Extremismus" S. 10; in Forum für
kritische Rechtsextremismusforschung (Hrsg.):
"Ordnung.Macht.Extremismus - Effekte und Alternativen des
Extremismus-Modells", Wiesbaden 2011, VS Verlag für
Sozialwissenschaften