Feuer in geplanter Asyl-Unterkunft / Schon 2010 zündelten Neonazis in brandenburgischer Kleinstadt
Von Bastian PaulY
 Zossen. Verkohlter Müll liegt an der Fassade, bis in die zweite 
Etage reichen die Rußspuren, der Efeu hat sich braun verfärbt: Zwei 
Rechtsextreme sollen in der Nacht zu Samstag an der geplanten 
Flüchtlingsunterkunft in Zossen (bei Potsdam, Kreis Teltow-Fläming) ein 
Feuer gelegt haben. Die beiden 23 und 32 Jahre alten Männer aus Zossen, 
die kurz nach der Tat festgenommen wurden, sind inzwischen wieder auf 
freiem Fuß. Wie die Staatsanwaltschaft gestern mitteilte, lägen keine 
ausreichenden Gründe für einen Haftantrag vor.
 Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und jetzt 
Brandenburg - zuletzt häuften sich die Brandanschläge auf zumeist 
unbewohnte, geplante Flüchtlingsheime. Der Fall des Örtchens Tröglitz in
 Sachsen-Anhalt bestimmte im April tagelang die Schlagzeilen - jetzt 
haben jene recht behalten, die vor ähnlichen Taten auch in Brandenburg 
warnten.
In Zossen ist die Bestürzung groß.  Vor fünf Jahren brannte in der 
18000-Einwohner-Stadt das Haus der Demokratie ab, das unter anderem von 
der Bürgerinitiative "Zossen zeigt Gesicht" genutzt wurde. Das Feuer 
hatte ein Neonazi  gelegt. Die Erinnerungen daran werden durch die 
erneute Brandstiftung wachgerüttelt. 
"Ich bin erschrocken und verurteile die Tat", sagte gestern 
Stadtsprecher Fred Hasselmann, der betonte, er sei umso erleichterter, 
dass die Tatverdächtigen schnell ermittelt worden seien. Der 
CDU-Kreischef Danny Eichelbaum sprach von einer "hinterhältigen und 
feigen Tat", die ihn beschäme und fassungslos mache. Eine Sprecherin des
 Vereins Opferperspektive, der in den vergangenen Monaten eine Zunahme 
rassistischer Gewalt beobachtete, sagte: "Wir sind betroffen, dass das 
jetzt auch in Brandenburg passiert ist." 
Auch Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) verurteilte den 
Brandanschlag. Mitte April hatte er angekündigt, Zossen als zweiten 
Standort für das überlastete Flüchtlings-Erstaufnahmeheim in 
Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) zu prüfen. "Menschen in Not werden weiter 
eine sichere Zuflucht in unserem Land erhalten. Daran werden auch 
rechtsextremistische Brandstifter nichts ändern", betonte er. 
Die zwei Tatverdächtigen werden von der  Polizei der rechtsextremen 
Szene zugerechnet und haben mehrfach Straftaten begangen. Nach den 
Brandanschlägen waren insgesamt knapp 60Beamte im Einsatz, unter 
anderem, um Spuren am Brandort zu sichern. Bei Durchsuchungen bei den 
Verdächtigen wurden unter anderem polnische Feuerwerkskörper, 
Streichhölzer und Brandbeschleuniger sowie Plakate mit 
fremdenfeindlichen Sprüchen beschlagnahmt.
Eine Polizeistreife hatte das Feuer bemerkt und die Tatverdächtigen 
festgenommen - den 23-Jährigen in unmittelbarer Nähe vom Tatort, den 
32-Jährigen später in seinem Wohnort. Das Feuer, das keine größeren 
Schäden an dem Gebäude anrichtete, konnte schnell gelöscht werden. Die 
mutmaßlichen Täter hatten drei Müllcontainer angesteckt. Dadurch wurde 
der Giebel des Verwaltungsgebäudes beschädigt.
 Rassistische Angriffe auf Asylbewerberheime haben bundesweit 
Hochkonjunktur.  Über 150 Attacken zählten die Behörden, dreimal so 
viele wie 2013. Allein im letzten Quartal des vergangenen Jahres waren 
es bundesweit 67 rechtsextrem motivierte Straftaten, gerichtet gegen 
Unterkünfte oder ihre Bewohner - sie reichten von der Volksverhetzung 
über gefährliche Körperverletzung bis hin zu Angriffen mit Waffen oder 
Brandsätzen.
Rechtsextremismus-Experten sehen die verstärkten Angriffe auf 
Flüchtlingsunterkünfte im Zusammenhang mit den Pegida-Demonstrationen. 
"Die menschenfeindliche Stimmung führt nicht automatisch zu Taten, aber 
sie motiviert gewaltbereite Personen und Gruppen und wird von den Tätern
 zur Rechtfertigung herangezogen", sagt der Bielefelder Soziologe 
Andreas Zick. "Menschenfeindlichkeit wird als Norm wahrgenommen oder 
herangezogen. Das gilt für alle Hasstaten, auch jene von Menschen mit 
Migrationshintergrund gegen andere."
