Leipzig. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind in Leipzig so viele Gefahrenzonen eingerichtet worden wie noch nie in den vergangenen Jahren. In diesen Kontrollbereichen hat die Polizei erweiterte Befugnisse, um schwere Straftaten zu verhindern. Aktuelle Gründe für die gehäuften Gefahrenprognosen waren nach Informationen des sächsischen Innenministeriums die wöchentlichen Legida-Demonstrationen und die Anschlagsserie von Linksautonomen.
Allein wegen der Aufzüge von "Leipzig gegen die Islamisierung des 
Abendlandes" und den damit verbundenen Protesten stimmte das 
Innenministerium zwischen 30. Januar und 30. März auf Antrag der 
Polizeidirektion in acht Fällen der Einrichtung von Kontrollbereichen 
zu. Betroffen waren vor allem Teile des Stadtzentrums. "So lagen diverse
 Anhaltspunkte vor, dass Waffen von Teilnehmern beider Lager mitgeführt 
und eingesetzt werden", teilte Innenminister Markus Ulbig auf eine 
Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Linke) mit.
 Legida-Versammlungen seien von bis zu 300 gewaltbereiten und 
gewaltsuchenden Hooligans durchsetzt gewesen, die "neben Vermummungen 
auch regelmäßig Schutzwaffen" tragen, so das Ministerium. Allein am 2., 
9. und 23. März habe die Polizei jeweils rund 250 "gewaltgeneigte und 
-bereite Personen verschiedener Fußballvereine und Rechtsextremisten 
festgestellt". Eine Vielzahl von Schutzbewaffnungen - etwa Reizstoffe 
und Schlagschutzhandschuhe - seien bei Kontrollen beschlagnahmt worden. 
"Allein das Mitführen offenbart auch auf Legida-Seite die Bereitschaft 
zur Teilnahme an Gewalttätigkeiten", so Ulbig in seiner Antwort.
 Auf der Gegenseite agierten nach Erkenntnissen des Ministeriums 
"oftmals auch vermummte militante Autonome, teilweise in Kleingruppen", 
denen eine "extrem hohe kriminelle Energie" attestiert wird. Das 
Innenministerium führt in diesem Zusammenhang auf, was bereits im Zuge 
der Legida-Versammlungen zu konstatieren war: Anschläge auf Bahnanlagen,
 Jagdszenen auf Legida-Teilnehmer, massive Angriffe gegen Polizisten und
 Unbeteiligte mit Steinen, Flaschen, Böllern und Latten sowie gezielte 
Überfälle auf Protagonisten aus der rechtsradikalen Szene.
 
Aktionen von Linksautonomen führten, unabhängig von Legida-Demos, zu 
zwei weiteren Kontrollbereichen: Nach einem Gewaltaufruf im Internet 
waren 53 der 63 Leipziger Ortsteile zur Gefahrenzone erklärt worden. Der
 Ausnahmezustand galt vom 23. Dezember, 16 Uhr, bis zum 2. Januar, 6 
Uhr. Fünf Tage nach Auslaufen dieses Kontrollbereichs, am 7. Januar, 
griffen Autonome den Connewitzer Polizeiposten an. Daraufhin wurde vom 
8. Januar bis 5. März erneut ein Areal für anlassunabhängige Fahrzeug- 
und Personenüberprüfungen installiert, betroffen war diesmal vor allem 
Connewitz.
 Damit sahen Innenministerium und Polizei allein in 
den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits zehn Mal die Notwendigkeit
 für verschärfte Kontrollen aufgrund einer erhöhten Gefährdungslage. 
"Das ist in dieser Häufung innerhalb eines so kurzen Zeitraums schon 
ungewöhnlich", sagte gestern Polizeisprecher Andreas Loepki.
 Zum
 Vergleich: In den kompletten zwei Jahren zuvor, zwischen Januar 2013 
und Dezember 2014, gab es ebenfalls zehn Kontrollbereiche. Diese 
betrafen Stadtteile, in denen organisierte Banden überdurchschnittlich 
häufig fest installierte Navigationssysteme aus Autos gestohlen hatten, 
so das Innenministerium auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion. Hier 
wollte die Polizei mit "lageabhängigen Komplexkontrollen" reagieren. 
Auch die Eisenbahnstraße, Schwerpunkt der Straßen- und 
Rauschgiftkriminalität, war in dieser Zeit zweimal betroffen - zur 
Verhinderung sogenannter Katalogstraftaten wie Mord, Totschlag und Raub.
 Insgesamt richtete die Polizei in der Eisenbahnstraße seit August 2008 
acht Mal Gefahrenzonen ein.
