14 Straftaten, eine Gewahrsamnahme und vier leichtverletzte Polizisten - die Polizei schätzt das Geschehen rund um die 10. Legida-Kundgebung in Leipzig im Vergleich zu den vorangegangenen Demonstrationen als "unfriedlicher" ein. Mehrfach hatten Gegendemonstranten versucht, die Aufzugstrecke von Legida zu blockieren. Außerdem wurden Steine, Farbbeutel und Feuerwerkskörper aus den Reihen der Gegendemonstranten geworfen. Unklar ist, inwieweit ein Gewaltaufruf aus dem Internet zur Lage beigetragen hat. Größere Ausschreitungen gab es nicht.
Gegendemonstranten haben den Beginn der zehnten Legida-Kundgebung am Montagabend in Leipzig verzögert. Die Demonstranten, die mutmaßlich aus dem linken Lager stammten, hatten versucht, Zugang zur geplanten Legida-Route zu erhalten. Die Polizei ging unter anderem mit einer Reiterstaffel gegen die Blockierer vor. Es kam zu Rangeleien zwischen Beamten und Demonstranten aus dem linken Lager. Dabei sollen Demonstranten eigenen Angaben zufolge verletzt worden sein. Die Stimmung wurde von Augenzeugen als aufgeheizt beschrieben.
Russlandpolitik in der Kritik
Schließlich startete die Legida-Kundgebung mit etwa 20 Minuten 
Verspätung. Rund 300 bis 400 Anhänger der islamkritischen Bewegung waren
 nach Schätzungen von MDR-Reportern gekommen. Legida-Organisator Silvio 
Rösler sagte, es stinke in diesem Land und erntete dafür Beifall. In 
seiner Rede kritisierte Rösler erneut die Politiker, die Parteien und 
die Medien, was die Legida-Anhänger unter anderem mit Rufen wie 
"Lügenpresse" und "Merkel muss weg" quittierten. Die etablierten 
Volksparteien zerlegten sich selbst, meinte Rösler und würdigte dann den
 kürzlich gestorbenen Schriftsteller Günter Grass, der vor einem Dritten
 Weltkrieg gewarnt habe. 
Der Bundesvorsitzende der 
Bürgerbewegung Pro Deutschland, Manfred Rouhs, warf der Bundesregierung 
und anderen europäischen Staaten vor, Russland ohne Grund zu isolieren 
und stattdessen die Politik der Amerikaner mitzutragen. Den USA warf er 
vor, Krieg aus der Ferne zu führen. Zudem meinte Rouhs, dass die Einheit
 Deutschlands vor allem der damaligen Sowjetunion zu verdanken gewesen 
sei. Redner Thomas Festerling forderte unter anderem mehr direkte 
Volksbeteiligung.
Lok Leipzig als Legida-Bodyguards?
Für viel Aufregung sorgte die Aussage von Legida-Chef Silvio Rösler, die Kundgebungsteilnehmer würden auf dem Rückweg zwischen Wilhelm-Leuschner-Platz und Hauptbahnhof von "Sportfreunden" des 1. FC Lok Leipzig begleitet. Der Verein distanzierte sich davon. Die Polizei teilte später mit, Bundespolizisten hätten die Legida-Teilnehmer bis zum Hauptbahnhof gebracht.
NoLegida ruft zum Protest
Wie erwartet wurde die Legida-Kundgebung von mehreren Gegenprotesten begleitet. Bei der Stadt Leipzig waren insgesamt fünf Gegenaktionen angemeldet - unter anderem am Augustusplatz, auf dem Markt und vor der Nikolaikirche. Ein Demonstrationszug der Initiative "Refugees welcome" hatte sich am späten Nachmittag vom Markt aus in Bewegung gesetzt. Mehrere Hundert Menschen zogen zum Richard-Wagner-Platz. Sie riefen unter anderem "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda". Spätere Sitzblockaden vor dem Legida-Zug wurden vor der Polizei aufgelöst. Aus den Reihen der Gegendemonstranten wurden Steine, Böller und Farbbeutel geworfen. Legida kündigte Anzeigen an.
Gewaltaufruf gegen Stadt und Polizei
Die angespannte Stimmung in der Stadt war auch auf einen Gewaltaufruf 
zurückzuführen, der am Wochenende im Internet aufgetaucht war. Der 
Aufruf stammt möglicherweise aus der linksautonomen Szene. 
Veröffentlicht wurde er auf der Webseite linksunten.indymedia.org. Mit 
dem Aufruf "Lasst es krachen und knallen" wandten sich die Verfasser 
namens "Riot Crew" an die Leser.
Ziel war dem Schreiben zufolge 
nicht nur die Legida-Demonstration. Man wolle der Stadt und der Polizei 
"die Quittung für die letzten Wochen" geben. "Gehen wir die Cops an! 
Machen wir die City platt!", hieß es unter anderem. 
Der Protest 
der Autoren richtete sich dem Vernehmen nach gegen den Umgang mit 
Legida. Es fehle eine inhaltliche Auseinandersetzung der 
"Zivilgesellschaft" mit Legida. Der Pegida-Ableger werde nicht wegen 
Rassismus und Nationalismus kritisiert, sondern wegen gesperrter Straßen
 oder Störungen beim Einkauf in der Innenstadt, so die Autoren.
Polizeieinsatz bleibt ein Kraftakt - wie jeden Montag
Die Polizei Leipzig sagte MDR SACHSEN, sie nehme das Schreiben ernst.
 Die Kriminalpolizei ermittle wegen des Aufrufs zu einer Straftat. Im 
Hinblick auf den Einsatz am Montag sagte ein Sprecher, man wisse um das 
Gewaltpotential in der Stadt und sei darauf vorbereitet. Mehr Beamte 
seien durch den Aufruf aber nicht im Einsatz. "Jeder Montag ist nur mit 
einem hohe Kräfteaufgebot ruhig geblieben." Daran ändere sich auch in 
dieser Woche nichts. Im Einsatz waren auch mehrere Hundert Beamte und 
Kommunikationsteams der Bundespolizei, die die An- und Abreise der 
Demonstranten rund um den Hauptbahnhof absicherten. 
Auf der 
Facebook-Seite von NoLegida zweifelten Kommentatoren die Echtheit des 
Schreibens an. Sie vermuten, dass das Schreiben aus der rechtsextremen 
Szene stammt. NoLegida selbst sprach von einem "unproduktiven Aufruf".
Legida erwirkt Routenänderung
Entgegen der ursprünglichen Verfügung der Stadt, Legida über den südlichen Innenstadtring bis zum Augustusplatz und wieder zurück laufen zu lassen, hatte Legida am Montag vor Gericht erwirkt, über den westlichen Ring laufen zu dürfen - außer Sicht- und Hörweite von den angemeldeten Gegendemonstranten.
