NSU-Untersuchungsausschuss – Zeugin aus ungeklärter Ursache gestorben

Erstveröffentlicht: 
29.03.2015

Eine 20-Jährige, die als Zeugin im NSU-Ausschuss ausgesagt hat, ist tot. Die Todesumstände sind unklar. Während Ausschusschef Drexler nicht spekulieren will, nimmt Extremismusexperte Funke den Fall sehr ernst.

 

Wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Karlsruhe am Sonntag mitteilten, fand der Lebensgefährte die junge Frau am Samstagabend mit einem Krampfanfall in ihrer Wohnung in Kraichtal im Kreis Karlsruhe. Die Ärzte hätten das Leben der Frau nicht mehr retten können. Das Amtsgericht Heilbronn ordnete ein Obduktion der Leiche an.

 

Bei der Toten handelt es sich nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa um eine Ex-Freundin von Florian H., einem ehemaligen Neonazi, der im Herbst 2013 in einem Wagen in Stuttgart verbrannt war. Florian H. soll gewusst haben, wer die Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn getötet hat. 

 

Zeugin fühlte sich bedroht

Die 20-Jährige hatte im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags in nicht-öffentlicher Sitzung ausgesagt, weil sie erklärt hatte, sie fühle sich bedroht. Ein Sprecher der Polizei Karlsruhe sagte am Sonntagabend, dass es bislang keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden am Tod der Frau gebe. Wegen des brisanten Hintergrundes würden die Ermittlungen aber mit Nachdruck betrieben.

Der Vorsitzende des NSU-Ausschusses, Wolfgang Drexler (SPD), sagte, es wäre fahrlässig, nun irgendwelche Spekulationen zum möglichen Hintergrund des Todes zu äußern. Der Tod könne vielerlei Gründe haben.

 

Polizei steht unter Druck

Der Extremismusexperte und Berliner Politikprofessor Hajo Funke, der den NSU-Untersuchungsausschuss verfolgt und Vertrauensperson der Familie von Florian H. ist, zeigte sich schockiert über den Tod der 20-Jährigen. "Die Sicherheitsbehörden sind gut beraten, wenn sie diesem Tod durch Obduktion und intensivster Aufklärung nachgehen", sagte er. Ansonsten wäre dies unter Umständen ein weiterer ungeklärter Todesfall. "Jetzt ist die Stunde, umfassend in alle Richtungen zu ermitteln und aufzuklären." Zudem sei es sicher sinnvoll, Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. Konkreter wurde Funke hier allerdings nicht.

 

Der Ausschuss soll die Verbindungen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) in den Südwesten und mögliches Behördenversagen genauer betrachten. Den Rechtsterroristen des NSU wird der Mord an neun Kleinunternehmern ausländischer Herkunft und an der Polizistin Kiesewetter zugeschrieben. In den vergangenen Ausschusssitzungen hatten sich die Abgeordneten mit Florian H. beschäftigt, dessen Tod die Polizei für einen Suizid hält. Die Familie glaubt aber nicht daran, dass Florian sich selbst getötet hat. Die Polizei steht in dem Fall unter Druck, weil sie hier schlampig ermittelt und auch Gegenstände in dem ausgebrannten Wagen übersehen haben soll.