DGB und Kirchen sehen sich am Ziel: Rechtspopulisten haben sich nicht in Stadtgesellschaft verankert
Von Klaus Staeubert und Evelyn Ter Vehn
 Es wird einsam um die rechtspopulistische Legida: Wie schon in den 
vergangenen Wochen schlossen sich den selbst ernannten Bewahrern des 
Abendlandes auch gestern nur noch etwa 1000 Sympathisanten an. Die 
Initiative "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" 
sagte sogar ihre geplanten Kundgebungen ab, darunter die Montagsdemo 
über den Ring.    
 Die Zahl der Teilnehmer an Gegenprotesten ist von mehr als 30000 Mitte 
Januar am Waldplatz auf einige hundert in der vergangenen Woche 
geschrumpft. Hat die Anti-Legida-Bewegung nach nicht mal zwei Monaten 
ihre Kraft verloren? Bernd Günther, Regionalchef des Deutschen 
Gewerkschaftsbundes (DGB) für Leipzig-Nordsachsen und Mitinitiator von 
acht Veranstaltungen für ein offenes und tolerantes Leipzig, sieht in 
der Absage keine Kapitulation vor Legida. "Uns ist nicht die Puste 
ausgegangen", so Günther gegenüber der LVZ. "Aber wir wollten auch nicht
 bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag über den Ring ziehen. Wir haben unsere 
Stärke gezeigt und bewiesen, dass wir unser Netzwerk jederzeit 
aktivieren können." Nie sei es ihm darum gegangen, mehr Menschen als 
Legida zu mobilisieren. "Wir zählen keine Köpfe. Wir waren nicht gegen 
etwas, sondern für eine Willkommenskultur in Leipzig auf die Straße 
gegangen und das haben wir seit dem 12. Januar in acht 
Großveranstaltungen demonstriert." Nun sei es aber an der Zeit, eine 
"neue Qualität" der Auseinandersetzung mit dem islamfeindlichen 
Pegida-Ableger zu finden. "Wir werden deshalb bis zur Sommerpause 
regelmäßig Veranstaltungen zur politischen Bildung anbieten", kündigte 
der Gewerkschafter an. Es werde unter anderem Themenabende zum Islam, 
und zur Asylgesetzgebung geben. Denn, so Günther, "Vorurteile machen 
blind." Im April seien beispielsweise eine Diskussion mit einem 
Religionswissenschaftler und das seit vielen Jahren stattfindende 
Courage-Konzert geplant. 
 "Wir haben unser Ziel erreicht, dass Legida sich nicht in der 
Stadtgesellschaft verankern konnte", befand Christian Wolff, ehemaliger 
Pfarrer an der Thomaskirche. Jetzt müsse der Schaden, den Legida 
angerichtet habe, in konkreten Projekten für Toleranz behoben werden. 
Dabei soll es vor allem um eine menschenwürdige Aufnahme von 
Flüchtlingen, Willkommenskultur für Einwanderer sowie kulturelle 
Vielfalt gehen. Die Resonanz für den Pilgerweg über den Ring nach dem 
Friedensgebet in der Nikolaikirche hatte in den vergangenen Wochen 
deutlich abgenommen. "Das ist normal", erklärte Wolff. Man könne sich 
nicht Woche für Woche zum "Büttel" von Legida machen lassen.
Abgesagt sei neben der Montagskundgebung auf dem Nikolaikirchhof vorerst
 nur die gestrige Demonstration über den Ring. Die Superintendentur des 
Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirks hatte die historische Route der 
Montagsdemos vom Herbst '89 bis Mitte Juli mit Anmeldungen für einen 
Pilgerweg nach dem Friedensgebet in St. Nikolai belegt.
Juristisch dürfte es damit schwierig für mögliche weitere Montagsdemos 
der Initiative auf dem Ring werden. Bislang sorgte die Anmeldung dafür, 
dass Legida nicht über die gesamte Strecke, sondern nur - wie gestern 
unter dem Schutz von 1200 Polizisten - über Teile marschieren durfte. 
Sogenannte Sperranmeldungen, zumal wenn sie nicht für beabsichtigte 
Versammlungen wahrgenommen werden, sind nach Auffassung von 
Rechtsexperten unzulässig.
Legida versucht seit Wochen, auf dem gesamten Ring zu laufen. Bislang 
vergeblich. Ihr Sprecher Silvio Rösler erneuerte gestern den Anspruch 
der Bewegung auf weitere Teile des Ringes. Nach der Absage des 
Protestbündnisses aus DGB, Kirche und Erich-Zeigner-Haus stieß die 
islamfeindliche Bewegung bei ihrem "Abendspaziergang" über den 
Georgiring und die benachbarte Querstraße nur noch auf vergleichsweise 
wenig Protest. Vor dem Gewandhaus hatte die Spaßpartei "Die Partei" zum 
satirischen Legida-Verriss aufgerufen. Außerdem demonstrierten Anhänger 
der linken Plattform "Refugees welcome" gegen Rassismus vom Südplatz bis
 zum Kundgebungsort von Legida am Augustusplatz. Dort und entlang der 
Legida-Strecke protestierten rund 1000 Menschen mit Sprechchören, 
Transparenten und Pfeifkonzerten gegen das Rechtsbündnis. 
