Leipzig. Stefan Raue, Trimedialer Chefredakteur des MDR, kennt sich mit Protesten aus. Über die Anti-Atombewegung, den Widerstand gegen den Nato-Doppelbeschluss oder Stuttgart 21 hat er berichtet. „Wenn jetzt 20 000 auf die Straße gehen, ist das im Vergleich ein Klacks." Warum beschäftigt sich nicht nur der MDR so ausführlich mit dem Phänomen? Wie sollen Medien und Öffentlichkeit überhaupt mit Pegida/Legida umgehen?
Fragen, die gestern beim von MDR-Fernsehmann Wolfgang Brinkschulte 
moderierten Mitteldeutschen Mediendialog der Friedrich-Ebert-Stiftung in
 der übervollen Tagungslounge in der Katharinenstraße debattiert wurden –
 und die Raue auch gleich zu beantworten versuchte: Grund für die große 
mediale Aufmerksamkeit sei einmal die auffällige 
Kommunikationsverweigerung der Demonstranten. Ein zweiter Faktor sei die
 Regelmäßigkeit. Und dann sei die Bewegung sehr stark auf das Thema 
Medien fixiert, Stichwort „Lügenpresse", ein Wort mit unguter 
Begriffsgeschichte. „Da wird man als Journalist richtig neugierig."
„Wir
 müssen zugeben: Das Thema hat uns überrascht", sagt der 
stellvertretende LVZ-Chefredakteur André Böhmer. „Wir haben uns an das 
Thema herangearbeitet, konnten es von Leipzig aus ja erst mal mit einer 
gewissen Distanz in Dresden beobachten." Das Phänomen habe sich auch in 
einer Vielzahl von Leserbriefen pro und contra Legida Ausdruck 
verschafft, für die Extraseiten bereitgestellt wurden. „Wir sind alle 
politisiert worden. Das hat auch sein Gutes."
Latente Unsicherheit im Osten
Christian Wolff, ehemaliger Pfarrer der Thomaskirche, der ein breites Bündnis gegen Legida zusammengebracht hat, fordert von allen Verantwortlichen, sich erst einmal über die eigenen Koordinaten klar zu werden: Für ihn gehörten dazu Freiheit der Meinungsäußerung, demokratische Streitkultur und Pluralität. Bestimmte Inhalte wie das Asylrecht seien nicht verhandelbar. Durch Pegida/Legida sieht Wolff das Klima vergiftet. „Die Zahl der Übergriffe nimmt zu."
Vielleicht hätte man nach einer Stunde das Podium besser geöffnet, statt die sich zuweilen in Zwischenrufen und Unterstellungen breitmachende Wut nur auf anschließende Einzelgespräche zu vertrösten. So konnten sich einige mal wieder lautstark „verarscht" fühlen, statt sich erklären zu müssen. Bequemer war es so.
