Streit um Verbot von Legida-Demo vom 9. Februar in Leipzig spitzt sich zu
Leipzig/Dresden. Seit langem rumort es zwischen der Stadt Leipzig und dem sächsischen Innenressort wegen des Demo-Verbots für Legida. Nach mehreren Attacken von Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat OBM Burkhard Jung (SPD) nun erkennbar die Nase voll - und schießt zurück.
Innenminister Ulbig hat Ihnen mehrfach vorgeworfen, Sie hätten andere Möglichkeiten als das Demo-Verbot gehabt, diese aber nicht genutzt. Nervt Sie das eigentlich?
Ja, denn der Innenminister redet Unsinn. Tatsache ist, das die Herrn
Ulbig unterstehende Polizeidirektion Leipzig uns schriftlich mitgeteilt
hat, dass die zugesagten acht Hundertschaften weder für die Absicherung
aller Maßnahmen einer Kundgebung von Legida, geschweige denn eines
Aufzuges ausgereicht hätten. Ich frage also Herrn Ulbig: Welcher
Mitarbeiter der Versammlungsbehörde soll die Verantwortung für eine
Demonstration übernehmen, wenn die Polizei überzeugt ist, die Sicherheit
sei nicht zu gewährleisten? Unsere Veranstaltungsbehörde hat
stundenlang - im Übrigen gemeinsam mit der sehr umsichtigen Leipziger
Polizei - überlegt, wie man ein Verbot umgehen könnte. Angesichts des
Aggressionspotentials und der auf dem Tisch liegenden Fakten mussten wir
dann so entscheiden.
Ulbig verweist aber immer wieder darauf, dass 1000 Polizisten gereicht hätten...
Die Beurteilung, wie viele Beamte zur Sicherstellung der Ordnung und
Sicherheit notwendig sind, hat die Polizeidirektion Leipzig sorgsam
abgewogen. Ich bin es leid, mit dem überforderten Innenminister jetzt
ein Schwarzer-Peter-Spiel zu beginnen. Herr Ulbig hat doch trotz meiner
Intervention der Polizeidirektion Leipzig keine weiteren Kräfte
zugesagt. Den Notstand haben nicht wir festgestellt, sondern die
Polizei.
Was ist das Besondere an der Gefährdungslage in Leipzig?
Leipzig ist eine Großstadt, in der es regelmäßig viele Demonstrationen
gibt. Egal ob 150000 Menschen beim Lichtfest feiern oder 500 Neonazis
marschieren wollen - in enger Abstimmung mit der Polizeidirektion haben
wir das immer gemeistert. Die Probleme sind doch erst jetzt akut, weil
der Innenminister die Polizei mit Einsparungen und Personalabbau
jahrelang geschliffen hat. Die Beamten vor Ort sind an ihrer
Belastungsgrenze. Das ist nicht gut und vor allem nicht fair gegenüber
den Polizisten, die ihren Kopf hinhalten müssen.
Auf Landesebene herrscht offiziell Harmonie zwischen den neuen
Partnern CDU und SPD. Ist dies eine richtige Beschreibung angesichts des
Dauerstreits zwischen Ihnen und dem Innenressort?
Mit der neuen Koalition geht auf einmal vieles, was bisher in Sachsen
nicht möglich war. Ich glaube im großen Ganzen macht die Koalition eine
vernünftige Arbeit. Dass es beim Innenminister knirscht, ist in der Tat
ein Problem, das andere Städte und Landkreise genauso haben. Nehmen wir
doch nur mal das Beispiel Asylpolitik: Der Anstieg der
Asylbewerberzahlen fällt auch im Innenministerium nicht vom Himmel. Das
hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Herrn Ulbrig auch jetzt
erst bescheinigt. Auch hier agiert der Innenminister wieder nach dem
Schwarze-Peter-Prinzip. Wenn die eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen voll
sind, werden die ankommenden Flüchtlinge eben direkt an die Städte und
Landkreise weitergeleitet.
Was taugt die Sondereinheit für straffällige Asylbewerber?
Herr Ulbig agiert völlig irrational. Statt sich um die Unterbringung
von Tausenden notleidenden Menschen zu kümmern, hat der Innenminister
nichts Dringenderes zu tun, als Sondereinheiten für die marginal wenigen
straffälligen Asylbewerber zu gründen. Was im Übrigen eine reguläre
Aufgabe der Polizei wäre, die es aber offenbar auf Grund der
Einsparungen nicht schafft.
Interview: Jürgen Kochinke