Leipzig. Nach Blockade-Aufrufen gegen einen Legida-Aufmarsch ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen die Politikerinnen Monika Lazar (Grüne) und Juliane Nagel (Linke). Das berichtete der MDR am Donnerstag, die Abgeordneten bestätigten die Informationen. Beiden Politikerinnen wird vorgeworfen, während einer Pressekonferenz zur Verhinderung der Legida-Demo am 21. Januar in Leipzig aufgefordert zu haben. Dies erfülle den Straftatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gemäß Paragraf 111 StGB.
Gegen die Landtagsabgeordnete Nagel sei bereits ein Strafverfahren 
eingeleitet worden, im Falle der Bundestagsabgeordneten Lazar laufe ein 
sogenannter Prüfvorgang. Die Staatsanwaltschaft habe dem MDR zu beiden 
Vorgängen keine Auskunft geben wollen, da sie sich grundsätzlich nicht 
zu Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete äußere. 
„Engagement gegen Rechts ist keine Straftat“
„Während
 Legida-Anhänger unbehelligt auf Journalisten losgehen können, werden 
Sprecher breiter Protestbündnisse mit Strafverfahren überzogen“, zeigte 
sich Nagel empört. Das sei die bittere sächsische Realität. „Uns ging es
 darum, einen breiten Protest auf die Straße zu tragen, keinesfalls 
darum, zu Straftaten aufzurufen“, erklärte die Linken-Stadträtin 
gegenüber Radio Mephisto.
Lazar sprach von einem erneuten Versuch
 einer sächsischen Staatsanwaltschaft, Widerstand gegen Rechts zu 
kriminalisieren. „Engagement gegen Rechts ist keine Straftat, sondern 
Demokratieschutz", schrieb Lazar am Donnerstagabend beim 
Nachrichtendienst Twitter. 
Nagel hatte als Sprecherin des 
Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ bei der Pressekonferenz gesagt: 
„Wir rufen zu Aktionen des zivilen Ungehorsams – manche sagen auch 
Sitzblockaden – auf und wollen erreichen, dass Legida seinen Spaziergang
 nicht durchführen kann.“ Lazar hatte erklärt, der Leipziger Ring sei 
„ein Symbol, das wir Legida nicht geben wollen“. 
„Beide 
Politikerinnen haben im Rahmen der Pressekonferenz den Konsens von 
„Leipzig Nimmt Platz“ wiedergegeben, wie er auch im Aufruf steht und von
 mehr als 2000 Menschen im Netz unterzeichnet wurde. Konsequenterweise 
müsste die Staatsanwaltschaft jetzt die Ermittlungsverfahren gegen 
„Leipzig Nimmt Platz“ und alle Unterzeichner eröffnen“, spitzt Friis 
Neubert vom Aktionsnetzwerk zu. Unter anderem unterschrieben Künstler 
Michael Fischer-Art und Sänger Sebastian Krumbiegel die Erklärung.    
Grünen-Politiker wollen sich selbst anzeigen
Die
 Grünen im sächsischen Landtag kritisierten die Ermittlungen. „Dieser 
erneute Versuch, zivilgesellschaftliches Engagement und friedlichen 
Protest gegen rassistisch motivierte Demonstrationen zu kriminalisieren,
 macht mich fassungslos“, erklärte die rechtspolitische Sprecherin Eva 
Jähnigen. „Friedliche Blockaden sind vom Grundrecht auf 
Versammlungsfreiheit auch umfasst.“ 
„Mit ihrem Vorgehen macht sich die sächsische Justiz lächerlich. 
Friedliche Widersetzaktionen wurden in den letzten Jahren mehrfach durch
 Urteile als zulässig bestätigt. Sachsen ist das einzige Bundesland, das
 diese Protestform kriminalisiert", sagt Lazar. 
Um auf diesen 
Missstand hinzuweisen, wollen Leipzigs Grünen-Sprecher Christin Melcher 
und Lorenz Bücklein sowie Landesvorstandsprecher Jürgen Kasek sich 
selbst anzeigen. Alle drei hatten die „Leipziger Erklärung 2015" 
unterzeichnet, in der es um friedliche Widersetzaktionen gegen 
Legida-Veranstaltungen geht. 
Anwalt: Sächsisches Versammlungsgesetz unzeitgemäß
Nagels
 Rechtsanwalt Klaus Bartl, zugleich rechtspolitischer Sprecher der 
Linken im Landtag, erklärte: „Hier tritt zum x-ten Mal innerhalb 
mehrerer Jahre die offizielle sächsisch-verbiesterte Auffassung zutage, 
jegliche Äußerung unangepasster Zivilcourage sofort als strafbare 
Verhinderungstat abzustempeln.“ Das sächsische Versammlungsgesetz, das 
eine „grobe Störung“ von Versammlungen zur Straftat mache, sei 
unzeitgemäß.
Neubert vom Aktionsnetzwerk erklärt: „Wir gehen 
davon aus, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Sie dienen 
ausschließlich dazu, den notwendigen Protest gegen Rassismus abzuwürgen.
 Wir erklären uns an dieser Stelle solidarisch mit beiden Betroffenen 
und rufen für kommenden Montag auf, ein Zeichen gegen das Vorgehen der 
sächsischen Justiz zu setzen, auf die Straße zu gehen und sich friedlich
 aber entschlossen dem rassistischen Aufmarsch von Legida 
entgegenzusetzen.“
In den vergangenen Jahren hatte es wegen 
Blockaden der Naziaufmärsche anlässlich der Jahrestage der Bombardierung
 Dresdens zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Bürger und Politiker 
gegeben. (mit dpa)
