Ulbig bietet Bundesamt personelle Verstärkung an, damit schneller abgeschoben werden kann
Von Andreas Debski
 Dresden. Die Ausgangslage hätte kaum angespannter sein können: Auf der 
einen Seite der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU), der 
händeringend nach Flüchtlingsunterkünften sucht - auf der anderen Seite 
die Landräte im Freistaat, die sich seit Wochen beim Thema Asyl 
übergangen und überfordert fühlen. "Wir brauchen keinen Phrasenaustausch
 mehr", brachte Nordsachsens Landrat Michael Czupalla (CDU) die 
brenzlige Situation auf den Punkt. Und tatsächlich: Der gestern in 
Dresden anberaumte Krisengipfel mit dem Innenminister sowie den 
kommunalen Spitzen sorgte für eine gewisse Entspannung. Ulbig sagte 
dieser Zeitung nach dem Treffen: "Die Agenda steht - sie ist ein Schritt
 in die richtige Richtung."
 Konkret geht es um ein Paket an Problemen, die sowohl die 
Landesregierung als auch die Kommunen aufgrund der gestiegenen 
Flüchtlingszahlen haben. Die nun verabredete Lösung lässt sich auf diese
 Nenner bringen: Mehr Geld und weniger Bürokratie für die Kommunen, die 
Asylbewerber aufnehmen, sowie schnellere Bearbeitung der Asylverfahren 
und vor allem klarere Zuständigkeiten. "Es bringt nichts, wenn wir um 
die Themen bürokratisch rumeiern. Das interessiert vor Ort niemanden. 
Deshalb müssen wir noch zielstrebiger handeln", erklärte Ulbig. 
"Natürlich sehen die Kommunen bei sich Kapazitätsgrenzen, weil in den 
vergangenen Monaten bereits Enormes geleistet wurde."
Laut der gestern aktualisierten Prognose des Bundesamtes für Migration 
und Flüchtlinge wird Sachsen in diesem Jahr etwa 15000 Flüchtlinge 
aufnehmen müssen. Jene Asylsuchenden, die in den Verfahren von 
vornherein chancenlos sind, müssten zügiger in ihre Heimatländer 
abgeschoben werden, kritisierte der Innenminister. Dazu zählen vor allem
 die Kosovaren, die die derzeit größte Gruppe stellen. "Die Forderung 
geht dabei zuerst in Richtung BAMF: Schnellere Aktenanlage, schnellere 
Bearbeitung der Anträge und zügigere Entscheidung der Asylverfahren", so
 Ulbig.
Die Landesregierung und die Kommunen wollen deshalb dem Bundesamt bei 
der Arbeit helfen. "Wir sind bereit, Personal abzustellen, damit die 
Asylverfahren schneller bearbeitet werden können. In den nächsten Tagen 
werden wir beim Bund abfragen, wie viel Unterstützung benötigt wird", so
 Ulbig, "wir können uns vorstellen, mit unseren Fachkräften die 
Verfahren zu unterstützen. Das Wichtigste ist, dass die Entscheidungen 
schneller als bisher getroffen werden." Konkrete Größenordnungen könnten
 noch nicht genannt werden. Der Bund habe zwar bereits mehr Mitarbeiter 
abgestellt - dennoch wachse der Aktenberg mit jedem Tag. "Der Bund ist 
zwar zuständig. Doch wir wollen zu einer spürbaren Entlastung beitragen 
und nicht nur meckern", sagte der Minister.
Auf kommunaler Ebene müssen im Gegenzug die Kapazitäten trotzdem 
aufgestockt werden. Die Landräte machten gestern auf ein gravierendes 
Problem aufmerksam: In etlichen Kreisen gibt es bereits potenzielle 
Flüchtlingsunterkünfte - die allerdings nicht genutzt werden können, 
weil beispielsweise Einsprüche von Nachbarn oder baurechtliche Bedenken 
vorliegen. All diese Einzelfälle zusammengenommen, könnten einige 
hundert Plätze mehr zur Verfügung stehen. "Bis nächste Woche erstellen 
wir einen Aktionsplan, um die dringenden Probleme konsequent aufzuzeigen
 und anzugehen. Neben der Kapazitätserweiterung heißt das auch, die 
medizinische Versorgung auszubauen sowie die finanzielle Ausstattung der
 Kommunen zu verbessern", erklärte Ulbig.
Insbesondere der letzte Punkt brennt den Kommunen unter den Nägeln: 
Eigentlich erhalten die Kreise ab diesem Jahr pro Asylbewerber 1900 Euro
 im Quartal. Da der neue Haushalt erst in einigen Wochen beschlossen 
werden wird, gilt der alte Satz von 1500 Euro pro Monat weiterhin. "Hier
 müssen wir dringend etwas unternehmen", so Ulbig. Eine Forderung der 
Kommunen lautet, den finanziellen Rahmen im Doppelhaushalt zu erhöhen 
und Vorschüsse zu bekommen. Daneben wird eine Neuregelung gefordert, 
damit die Städte und Kreise die entsprechenden Investitionspauschalen an
 Private weitergeben dürfen, die ihrerseits neue 
Asylbewerber-Unterkünfte bauen. 
Die kommunalen Spitzen, die unlängst einen Brandbrief an das 
Innenministerium gesendet hatten, reagierten weitgehend zufrieden - und 
pochen nun darauf, dass die Zusagen eingehalten werden. "Wir erwarten 
Unterstützung, die eine richtige Struktureinheit bringen kann", sagte 
Michael Czupalla. Zugleich forderte der nordsächsische Landrat 
"praktikable Lösungen": So könnten etwa Bundeswehr oder Polizei 
vorübergehend medizinische Hilfe leisten. "Das Wichtigste ist, dass man 
nicht weiterhin so tut, als gebe es keine Probleme", machte Czupalla 
klar.
