Fast die Hälfte der Antragsteller hat noch keine endgültige Entscheidung über ihren Asylantrag in der Tasche Von Peter Wütherich
Berlin. In Deutschland haben Ende vergangenen Jahres rund 629000 Flüchtlinge gelebt - etwa 130000 mehr als ein Jahr zuvor. Mehr als 110000 haben bereits eine Ablehnung ihres Asylantrags erhalten, konnten aber nicht abgeschoben werden. Sie leben nun schon zum Teil seit Jahren mit ungewisser Zukunftsaussicht in Deutschland.
Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der 
Linksfraktion hervor. Insgesamt lebten demnach zum Jahresende 338000 
Menschen als anerkannte Flüchtlinge in Deutschland. Das waren 44000 mehr
 als im Vorjahr. Gut 291000 Flüchtlinge wohnten als Asylsuchende, über 
deren Antrag noch nicht entschieden wurde, oder als Geduldete in 
Deutschland. Bei Letzteren handelt es sich um Flüchtlinge, die trotz 
Ablehnung ihres Asylantrags aus unterschiedlichen Gründen nicht 
abgeschoben werden können - etwa, weil sie nicht reisefähig sind, weil 
sie keinen Pass haben oder weil es keinen sicheren Transport in ihr 
Heimatland gibt. Die meisten von ihnen stammen aus dem ehemaligen 
Jugoslawien, dem Irak und aus Russland. Von den Geduldeten lebten rund 
31000 schon mehr als sechs Jahre in Deutschland, 23000 sogar schon mehr 
als zehn Jahre.
Diese Zahl sei "erschreckend", sagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke.
 "Es zeigt das Versagen der bisherigen Bleiberechtsregelungen." Seit 
einigen Jahren registrieren die Behörden stark steigende 
Flüchtlingszahlen in Deutschland. Im Verlauf des Jahres 2014 wurden rund
 202000 Asylanträge gestellt, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Die 
nun vorgelegte Zahl der tatsächlich hier lebenden Flüchtlinge 
berücksichtigt auch Abschiebungen, freiwillige Ausreisen und 
Einbürgerungen. Jelpke interpretierte die Zahlen so, dass Deutschland 
die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit längst nicht erreicht habe. Vor 17 
Jahren hätten mehr als eine Million Flüchtlinge in Deutschland gelebt. 
"Von einer Überlastung der Bundesrepublik kann also überhaupt keine Rede
 sein", sagte sie.
Im von Jelpke genannten Vergleichszeitraum hatten sich viele Flüchtlinge
 vom Balkan in Deutschland aufgehalten, die nach dem Zerfall von 
Jugoslawien ihre Heimat verlassen hatten. Aus der Antwort der 
Bundesregierung geht auch hervor, dass Ende 2014 rund 2,3 Millionen 
EU-Bürger in Deutschland wohnten. Die größte Gruppe kam aus Polen 
(575000 Menschen), gefolgt von Rumänien (333000), Italien (243000) und 
Bulgarien (170000). Derzeit bereitet die hohe Zahl der Flüchtlinge vom 
Balkan den deutschen Behörden Sorge. Der Chef des Flüchtlings-Bundesamts
 forderte eine schnelle Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus dieser 
Region. Die Bundesregierung schickt Bundespolizisten an die 
serbisch-ungarische Grenze, um den Andrang von Flüchtlingen aus dem 
Kosovo einzudämmen.
