Innenminister der Länder vereinbaren neues Verfahren / Deutsche Behörden fürchten eine neue Ausreisewelle Von Dieter Wonka Berlin. Bund und Länder haben weitere konkrete Schritte zur beschleunigten Bearbeitung der Asylanträge von Zuwanderern aus dem Kosovo vereinbart. Zusätzliches Personal soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verstärken. Damit sollen die Prüfverfahren in den besonders betroffenen Zuzugsländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg auf höchstens zwei Wochen verkürzt werden.
Der von Bayern geforderten Kategorisierung des Kosovo als "sicheres 
Herkunftsland" in den geltenden Asylverfahren haben die Innenminister 
von Bund und Ländern in einer Telefonkonferenz keine größere 
Unterstützung gegeben. Als Sofortmaßnahme sei diese Forderung nicht 
sinnvoll, hieß es sowohl von christdemokratischen als auch von 
sozialdemokratischen Innenministern. Niedersachsens Innenminister Boris 
Pistorius (SPD) forderte gegenüber dieser Zeitung eine "schnelle und 
zielgerichtete Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle". Allein 
nach Niedersachsen seien seit dem 1. Februar fast 1400 Kosovaren 
gekommen. Mit dem schnelleren Verfahren werde den Menschen "nichts 
genommen", erklärte Pistorius - denn die Anerkennungsquoten für Menschen
 aus dem Kosovo seien extrem gering.
Pistorius verteidigte die Beschleunigung der Asylverfahren gegen Kritik 
vor allem von den Grünen. "Wir brauchen jetzt pragmatische, schnelle 
Lösungen. Deswegen sind es jetzt die operativen und administrativen 
Dinge, auf die es ankommt", erklärte der SPD-Politiker. Die 
Erstaufnahmeeinrichtungen würden "aus den Nähten platzen".
Der Kosovo ist der ärmste Staat in Südosteuropa. Nach den Kriterien der 
Weltbank lebt ein Drittel der Bürger unterhalb der Armutsgrenze. Die 
Arbeitslosigkeit liegt inoffiziell bei rund 45 Prozent. Seit rund 15 
Jahren warten die Menschen auf die ihnen von der internationalen 
Staatengemeinschaft nach dem Ende des Balkankrieges versprochene 
Verbesserung der Wirtschaftslage. Den rund 15000 aktuellen 
Armutsflüchtlingen aus der Region könnten nach Einschätzung der 
deutschen Botschaft mehr als 200000 folgen. Angeblich hat ein Sechstel 
der Bevölkerung von 1,4 Millionen die Absicht zur Ausreise.
Die ungarischen und serbischen Grenzbehörden sehen sich nicht in der 
Lage, die Ausreisewelle zu unterbinden. Die Innenminister haben nun eine
 weitere Unterstützung der polizeilichen Grenzbehörden verabredet. Oft 
genug begegnen im Kosovo zur Flucht entschlossene Bürger in ihren 
klapprigen Fluchtautos den meist in Luxusautos patrouillierenden Bossen 
der einschlägigen Schleuserbanden. Der Kosovo gilt als stark von 
mafiösen Strukturen durchsetzt. Der aktuelle Tarif pro Bürger für eine 
Schleusung nach Deutschland liegt momentan bei rund 900 Euro.
