Laut der Antifa Bern ist die Toiletten-Firma ein Auffangbecken für Neonazis.
Von Fabian Christl
Wer während des Gurtenfestivals sein Geschäft verrichtet, macht dies mit grosser Wahrscheinlichkeit auf einer mobilen WC-Anlage der Firma Mobi Toil. Dasselbe gilt für zahlreiche weitere Kultur- und Sportveranstaltungen im Freien. Die Antifa Bern will das ändern. In einem Schreiben fordert die antifaschistische Gruppierung die Event-Organisatoren auf, ihre Zusammenarbeit mit Mobi Toil zu überdenken und sich nach Alternativen umzusehen.
Der Grund: Bei der Mobi-Toil-Niederlassung in Kirchberg sind mehrere «bekannte Grössen der Neonazi-Szene» beschäftigt, heisst es im Schreiben. So arbeite etwa Philippe Eglin für das Unternehmen. Eglin war etwa in den Schlagzeilen, weil er das Tagebuch der Anne Frank als «Lügengebilde» bezeichnete. Er verlor daraufhin seine Stelle und wurde wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm verurteilt. Neben Eglin gehörten noch vier weitere «unsympathische Zeitgenossen» zur Kirchberg-Crew.
Die prominenteste Figur ist wohl Adrian Segessenmann, Vizepräsident der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), Vorsitzender der völkisch-heidnischen Avalon-Gemeinschaft und Betreiber des rechtsextremen Buchversandes Neue Zeitwende. Wie die Antifa schreibt, organisiert er regelmässig «Schulungsnachmittage für Szene-Einsteigerinnen und -Einsteiger».
Grund für die Häufung von Rechtsextremen in der Kirchberger Niederlassung sei Alexander Rohrbach, heisst es im Schreiben. Das Mitglied der umstrittenen Band Von Glas zu Glaz und der Mitgründer der rechtsextremen Band Indiziert arbeitet in einer Führungsposition bei Mobi Toil in Kirchberg. Nach der Wirtschaftsauskunfts-Plattform Moneyhouse gehört er neuerdings gar zur Geschäftsleitung der Condecta AG, Eigentümer der Mobi Toil.
Looser-Gruppe klärt Vorwürfe ab
Barbara Greuter, Kommunkationsverantwortliche der Looser-Gruppe, zu der die Condecta AG gehört, widerspricht der Darstellung der Antifa in diesem Punkt. «Alexander Rohrbach ist seit 2014 stellvertretender Filialleiter der Mobi Toil und konnte nie alleine über die Einstellungen befinden», sagt sie. Rohrbach arbeite seit rund fünf Jahren bei der Condecta-Gruppe und habe sich stets einwandfrei verhalten. Zudem habe sich Rohrbach mittlerweile von dieser Szene distanziert. «Er hat das in einem persönlichen Gespräch versichert.»
Die Vorwürfe gegenüber den anderen Mitarbeitern würden zurzeit «diskriminierungsfrei» abgeklärt. Man habe bis anhin keine Kenntnisse davon. In Kirchberg arbeiteten aber auch viele Personen mit Migrationshintergrund. «Die angesprochenen Mitarbeiter arbeiten seit Jahren intensiv und gut mit diesen zusammen und haben sich ihnen gegenüber immer korrekt verhalten.»
Unabhängig vom aktuellen Vorwurf sei man gerade dabei, einen Verhaltenskodex für Mitarbeiter einzuführen. Rassismus und andere Formen der Diskriminierung würden darin abgehandelt. «Wir distanzieren uns von jeglicher Form von Extremismus.»
Samuel Althof von der Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention (FEXX) hält dieses Vorgehen für vorbildlich. Es sei wichtig, proaktiv einen Verhaltenskodex zu erarbeiten und nicht erst zu reagieren, wenn es zu spät sei. «Dann hat das Unternehmen die Möglichkeit, Sanktionen auszusprechen.»
Sonst sei es rechtlich gar nicht möglich, jemanden wegen seiner politischen Einstellung zu entlassen. Die Frage, ob eine Entlassung überhaupt sinnvoll wäre, kann Althof nicht beantworten. Klar sei aber, dass es sich bei den beschriebenen Personen um «programmatische Neonazis» handle, die tief in der Szene verwurzelt seien. «Diese bleiben rechtsextrem – egal ob sie die Stelle behalten oder verlieren.»
Stutz: «Antifa-Aktion ist legitim»
Inwiefern die politischen Aktivitäten eines Teils ihrer Mitarbeiter Folgen für Mobi Toil haben wird, ist noch unklar. «Ich höre zum ersten Mal von diesen Verstrickungen», sagt Philippe Cornu, Kommunkationsverantwortlicher des Gurtenfestivals. «Wir werden uns zuerst noch weitere Informationen beschaffen und anschliessend ein Urteil fällen», sagt er.
Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz betont, dass im Wirtschaftsleben solche Faktoren eine Rolle spielten. Gerade wenn ein Anlass auf Minderheiten ausgerichtet sei, wolle der Veranstalter wissen, was für Leute im Unternehmen angestellt seien, mit dem er zusammenarbeite. «Im Sinne des Minderheitenschutzes ist die Aktion der Antifa legitim.» (Der Bund)