Minister kritisiert OBM Jung und Polizeichef Merbitz
Von Jürgen Kochinke
 Dresden. Tagelang hat er geschwiegen und seinen Pressesprecher 
nach vorne geschickt, jetzt aber nahm Sachsens Innenminister Markus 
Ulbig (CDU) erstmals Stellung zum umstrittenen Leipziger Demo-Verbot. 
Tenor: Jene 1000 Polizisten, die am Montagabend zur Verfügung standen, 
hätten die Legida-Kundgebung samt Gegen-Demos absichern können. "Das ist
 eine ganze Menge Holz", meinte Ulbig und wurde prinzipiell: "Es kann 
doch nicht sein, dass wir das Recht auf Versammlungsfreiheit nur noch 
dann gewährleisten, wenn wir 3000 oder 4000 Bereitschaftspolizisten zur 
Verfügung haben." Das ist genau die Größenordnung, die der Leipziger 
Polizeichef Bernd Merbitz gefordert, aber nicht erhalten hatte.
 Was Ulbig damit durch die Blume sagt, ist eindeutig. Die 
Lageeinschätzung von Merbitz war überzogen, weniger Sicherheitskräfte 
hätten es auch getan. Allerdings zählte er auch OBM Burkhard Jung (SPD) 
gleich mit an. Die Stadt habe als Genehmigungsbehörde ihren 
"Gestaltungsauftrag" nicht erfüllt und sofort den Legida-Auftritt 
verboten, statt diesen mit entsprechenden Auflagen zu entschärfen. 
Darüber hinaus sei das Ganze "einseitig" gewesen, weil nur Legida 
verboten worden sei.
Auch wenn Ulbig gestern mit hochrotem Kopf versuchte, kein weiteres Öl 
ins Feuer zu gießen, so zeigt sich doch, dass das Schwarze-Peter-Spiel 
weitergeht. Eine Seite schiebt der anderen die Schuld zu, und 
Parteipolitik sowie Wahlkampf kommen auch mit hinzu. Schließlich hatte 
Jung von "Polizei-Notstand" gesprochen, was in der CDU für Empörung 
sorgte; und zur Wahl in Dresden  tritt Ulbig gegen SPD-Ministerin 
Eva-Maria Stange an. Zudem hatten nach dem Demo-Verbot in Dresden alle 
Seiten bis hin zu Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) von einem 
"Einzelfall" gesprochen, der sich nicht alle paar Wochen wiederholen 
dürfe.
Wie sehr es derzeit im Innenbereich klemmt, demonstriert auch eine 
weitere Facette. Ganz offenbar war selbst Christian Hartmann, 
CDU-Innenexperte  im Landtag, vom eigenen Ministerium nicht ausreichend 
informiert worden. So musste Hartmann eine Mitteilung vom Wochenende mit
 einer herben Attacke gegen Jung korrigieren, nachdem bekannt geworden 
war, dass Jung sein Verbot auf die Lageeinschätzung von Merbitz gestützt
 hatte. Pointe: Hartmann ist zugleich CDU-Kreischef in jener Stadt, in 
der Ulbig Stadtoberhaupt werden will.
