Jung rechtfertigt Entscheidung mit Polizei-Notstand
Von Robert Nößler
 Leipzig. Die Entscheidung der Stadt Leipzig, eine für heute 
geplante Legida-Demo wegen Polizistenmangels zu verbieten, hat eine 
Welle der Kritik ausgelöst. Das generelle Verbot sei nicht 
gerechtfertigt, sagte ein Sprecher des sächsischen Innenministers Markus
 Ulbig (CDU). Der Minister war selbst unter Druck geraten, nachdem er im
 Januar in Dresden eine Pegida-Demo aus Sicherheitsgründen abgesagt 
hatte.
 Landespolizeipräsident Jürgen Georgie hält die Leipziger Entscheidung 
für unverhältnismäßig. Ähnlich äußerte sich Christian Hartmann, Sprecher
 der CDU-Landtagsfraktion. Mit den in der Stadt zur Verfügung stehenden 
Polizeikräften seien die Demonstrationen hinreichend abgesichert.
Ehemalige DDR-Bürgerrechtler kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung
 das Verbot scharf und zeigten sich empört, dass andererseits die 
geplanten Gegenveranstaltungen genehmigt wurden. "Die Stadt Leipzig 
erweckt dadurch den Eindruck, Sicherheitsinteressen bezüglich des 
Demonstrationsrechtes politisch zu interpretieren", betonten Gunter 
Weißgerber, Gesine Oltmanns, Uwe Schwabe, Tobias Hollitzer und Siegfried
 Reiprich. Die Kommune würde nach politischer Zweckmäßigkeit Gewalt 
verurteilen oder dulden. 
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) verteidigte das am Sonnabend 
verkündete Verbot. Es handle sich zwar um einen schwerwiegenden Eingriff
 in ein grundgesetzlich verbürgtes Recht, es würden aber die Kräfte zur 
Sicherstellung der Versammlungsfreiheit fehlen.
In Leipzig stehen laut Innenministerium heute maximal 1000 Beamte zur 
Verfügung. Weil parallel bei Pegida in Dresden und bei Cegida in 
Chemnitz demonstriert wird, könne Sachsen keine weiteren Beamten 
schicken. Nach Einschätzung der Leipziger Polizei sind jedoch mindestens
 3100 nötig, um die Sicherheit bei der Demo zu gewährleisten, die 
zuletzt unter anderem von Rechtsextremisten und Hooligans besucht worden
 war.
Einige Kritiker des Demo-Verbots sehen die Schuld nicht bei der Kommune.
 Valentin Lippmann von den sächsischen Grünen sprach von einem 
"Armutszeugnis für den Freistaat", Leipzigs Linken-Chef Volker Külow von
 einer "politischen Bankrotterklärung der sächsischen Staatsregierung".
Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) 
sieht das eigentliche Problem im Personalabbau. Zugleich bezweifelt er, 
dass die Leipziger Entscheidung Bestand hat. "Es ist fraglich, ob die 
Gerichte den Einwand, es herrsche polizeilicher Notstand, überhaupt 
gelten lassen. Sollten die Demonstrationen doch stattfinden dürfen, 
werden meine Kolleginnen und Kollegen bei der gewalttätigen Stimmung, 
die in Leipzig herrscht, dort verheizt werden."
Legida kündigte an, Rechtsmittel einzulegen und sprach von "staatlicher 
Willkür in Reinkultur". Im Internet gab es gestern Hinweise, dass 
Legida-Anhänger alternativ eine Spontandemo planen. Außerdem könnten sie
 sich unter die genehmigten Gegenveranstaltungen mischen.
In Dresden zog eine Kundgebung einer Pegida-Abspaltung gestern nur wenige Hundert Menschen an.
