Böhlen/Leipzig. Es waren markige Slogans, mit denen die Republikaner bei Wahlen zu mobilisieren versuchten: "Goldzähne für Asylbewerber. Zahnlücken für Deutsche" und "Das Boot ist voll" plakatierten die Rechts-Nationalen unter anderem - und Wolfgang Seifert war bis vor Kurzem einer ihrer maßgeblichen Protagonisten. Jener Wolfgang Seifert, der mittlerweile in Böhlen (Landkreis Leipzig) eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge betreibt. "Humanitäre und wirtschaftliche Interessen treffen aufeinander", erklärt der 74-Jährige sein plötzliches Engagement für Migranten.
Das Pikante daran ist: Seifert, der aus seiner politischen Einstellung
auch heute keinen Hehl macht, verdient mit der Unterbringung von derzeit
105 Flüchtlingen in seinem Apart-Hotel recht schnell ziemlich viel Geld
- obwohl er die Asylbewerber gar nicht in Deutschland haben möchte. Wie
viel Geld, das möchte er nicht verraten. Allerdings: Die Pauschale, die
der Freistaat Sachsen üblicherweise an Landkreise und Kommunen
überweist, beträgt pro Asylsuchendem und Monat 500 Euro.
Seifert -
und seine Frau Ingeborg - gehörten über lange Zeit diversen
Spitzengremien der Republikaner an. So war der Berliner Unternehmer bis
2010 unter anderem Mitglied des parteiinternen Bundesschiedsgerichts und
kandidierte für die Republikaner bei einer Bundestagswahl; zudem hatte
die Parteizentrale ihren Sitz in einem seiner Häuser. Ingeborg Seifert
agierte über Jahre hinweg im Bundesvorstand jener Partei, die der
Verfassungsschutz folgendermaßen charakterisierte: Die Republikaner
"diffamieren Ausländer pauschal" und machten diese für gesellschaftliche
Probleme und Konflikte verantwortlich, es werde "gezielt Angst vor
Überfremdung" geschürt. Wolfgang Seifert sagt dazu: "Die Republikaner
spielen keine politische Rolle mehr. Wir sind nicht mehr dabei."
Geblieben
ist ganz offenkundig sein politisches Profil. Seifert spricht davon,
dass Asylbewerber in Deutschland "durchgefüttert" werden, dass sie sich
in einem "Schlaraffenland" wähnten, dass "nicht alle 50 Millionen
Flüchtlinge zu uns kommen" könnten. "Das alles möchte ich den Ausländern
nicht mal vorwerfen, die die Gesetze für sich ausnutzen", erklärt der
Unternehmer, "Schuld hat die politische Kaste, die den Eindruck erweckt,
die Welt könnte zu uns kommen. Was in Deutschland passiert, ist eine
Katastrophe. Wer von einer Willkommenskultur spricht, beschimpft das
deutsche Volk." Immerhin scheint Seifert, der in Berlin bis vor kurzem
auch die rechts-intellektuellen Dienstagsgespräche mitorganisierte, für
sich ebenfalls die "deutschen Gesetze" weidlich zu nutzen. Der
Wirtschaftsingenieur betreibt außerdem eine Zeitarbeitsfirma - sein
Geschäftspartner weist eine auffällige Nähe zur NPD auf, ließ sich mit
dem früheren Bundesvorsitzenden Udo Voigt ablichten, kandidierte im Jahr
2011 für die Rechtsextremen, war beim Zusammengehen mit der DVU
involviert.
Nach Seiferts Angaben ist die Landesdirektion
Sachsen, deren übergeordnete Behörde das Innenministerium ist, auf ihn
zugekommen, um das Apart-Hotel Böhlen anzumieten. "Ich war selbst
überrascht - beworben hatte ich mich jedenfalls nicht. Ich weiß nicht,
weshalb ich ausgewählt wurde", stellt Seifert klar. Ein solch gut
dotiertes Angebot schlage man aber nicht aus, meint der Geschäftsmann.
Der Vertrag läuft vorerst bis 30. April 2015. Die Landesdirektion wollte
sich gestern nicht äußern: "Ihre Anfrage können wir aufgrund anderer
prioritär zu betrachtender Themen frühestens am Montag beantworten",
wurde dieser Zeitung knapp mitgeteilt.
Der Berliner Rechtsaußen
hatte den Hotel-Komplex 1992 von der Treuhand gekauft, um seiner
"patriotischen Gesinnung" Ausdruck zu verleihen. Schließlich stammt er
aus dem Osten: In Jena aufgewachsen und zur Schule gegangen, flüchtete
Seifert 1963 mit einem Paddelboot über die Ostsee, vom dänischen Gedser
durfte er letztlich in die Bundesrepublik einwandern.
Doch nicht
nur diese Heim-Vergabe der Landesdirektion wirft Fragen auf. Wie
Recherchen der "Freien Presse" und der "Welt" ergaben, erhielt ein
ehemaliger Stasi-Offizier, der in der DDR unter anderem
Republikflüchtlinge malträtiert haben soll, vom Freistaat den Zuschlag
für bislang sieben Unterkünfte mit bislang mehr als 1000 Asylsuchenden.