Gemeinsam mit vier weiteren Bundesländern will Sachsen eine neue polizeiliche Einrichtung zur Kontrolle der Telekommunikation schaffen. Die Opposition ist skeptisch.
Dresden.
 
	Es ist ein Posten, der viele Fragen aufwirft: 4,2 Millionen Euro hat 
die Landesregierung in den Haushaltsentwurf 2015/16 für ein "gemeinsames
 Rechen- und Dienstleistungszentrum auf dem Gebiet der polizeilichen 
Telekommunikationsüberwachung" eingestellt - geplant "als rechtsfähige 
Anstalt öffentlichen Rechts der Länder Berlin, Brandenburg, 
Sachsen-Anhalt, der Freistaaten Sachsen und Thüringen". Vielen 
Abgeordneten im Landtag war das Projekt bislang völlig unbekannt. Dabei 
laufen offenbar schon seit Jahren Vorbereitungen.
	Im Innenministerium in Dresden reagierte man am Donnerstag wortkarg. 
Ein Sprecher von Minister Markus Ulbig (CDU) sagte der "Freien Presse", 
es laufe ein Prüfprozess über die Möglichkeit eines gemeinsamen 
Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der fünf Bundesländer, die in 
einer Sicherheitskooperation zusammenarbeiten. Zum Hintergrund der Pläne
 hieß es: "Aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts der 
Telekommunikation werden bis etwa zum Jahre 2017 erhebliche 
Investitionen erforderlich werden, um die hochspezialisierten 
technischen Systeme der Polizei zur Telekommunikationsüberwachung den 
neuen Technologien anzupassen."
	Details zu Aufgaben, Kompetenzen, technischer Ausstattung und zum Sitz 
der Einrichtung gab das Ministerium nicht bekannt. Es laufe ein 
Willensbildungs- und Entscheidungsprozess, hieß es. Zudem müssten 
datenschutzrechtliche sowie grundlegende gesetzliche Voraussetzungen 
geprüft werden. Zu den eingeplanten 4,2 Millionen Euro erklärte der 
Sprecher, mit den angemeldeten Mitteln solle Haushaltsvorsorge 
geschaffen werden.
	Das Land Brandenburg bestätigte die Pläne. Eine Sprecherin des 
Innenministeriums in Potsdam sagte, Sachsen habe bei dem Projekt die 
Federführung übernommen.
	Während Brandenburg noch keine Mittel im Etat eingeplant hat, arbeitet 
man in Dresden schon länger an Umsetzungsmöglichkeiten für das Projekt. 
Im Internet findet sich eine öffentliche Ausschreibung für 
"Beratungsleistungen, rechtliches Gutachten sowie Konzeption zur 
Bildung/Einrichtung eines Rechen- und Dienstleistungszentrums für die 
stationäre Telekommunikationsüberwachung der Mitteldeutschen 
Sicherheitskooperation und des Landes Berlin" vom 17. September 2012. 
Auftraggeber: das sächsische Innenministerium.
	Die Opposition im Landtag verlangt Aufklärung. Valentin Lippmann, 
innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sagte: 
"Für dieses ominöse Kompetenzzentrum, das in der Form einer Anstalt 
öffentlichen Rechts geführt werden soll, fehlt derzeit jegliche 
gesetzliche Grundlage. Weder wurde dem Landtag ein dazu erforderlicher 
Staatsvertrag oder ein Errichtungsgesetz vorgelegt, noch wurde den 
Abgeordneten bisher überhaupt mitgeteilt, dass die Errichtung eines 
solchen Zentrums geplant ist." Lippmann ergänzte: "Wir haben massive 
Datenschutzbedenken bei diesem Vorhaben."
	Der innenpolitische Sprecher der Linken, Enrico Stange, äußerte 
ebenfalls Zweifel, dass die geplante Fünf-Länder-Überwachungsanstalt 
"eine sinnvolle Einrichtung wäre". Der Haushaltsposten sei eine 
Überraschung gewesen, die Regierung müsse nun einige Fragen beantworten.
 "Wir haben Befürchtungen, dass man noch stärker in grundrechtsrelevante
 Bereiche eindringen will."
Die länderübergreifende Sicherheitskooperation
Zur Bekämpfung schwerer Straftaten haben die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Jahr 2002 eine Sicherheitskooperation beschlossen. Seit 2004 ist auch Brandenburg dabei, das Land Berlin nimmt momentan noch als Gast an den Besprechungen teil, will aber in Kürze beitreten. Innerhalb der Kooperation befassen sich die Partner mit Themen wie organisierter Kriminalität, effizienterer Fahndung nach Personen und Sachen, der Erhöhung der Verkehrssicherheit und dem Ausbau eines umfassenden länderübergreifenden Informationsaustauschs. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der grenzüberschreitenden Kriminalität, insbesondere beim Kfz-Diebstahl. Die Sicherheitskonferenzen werden turnusmäßig unter wechselndem Vorsitz durchgeführt.
