Jung in Sorge wegen wachsender Gewalt, doch Tillich lehnt Aufstockung der Polizeikräfte ab
Von Andreas Dunte
 Leipzigs Polizei wird nicht personell aufgestockt. Einer eindringlichen
 Bitte von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) kommt das Land nicht 
nach. In einem Antwortschreiben an Jung, das der LVZ vorliegt, teilt 
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit, dass es in der 
Messestadt keine spezifische Gefährdungslage gebe.
 Jung reagierte darauf gestern sehr verärgert. "Diesen Standpunkt kann 
ich nicht nachvollziehen", empörte er sich. Es sei höchst 
unverständlich, denn er habe Tillich die besondere Lage der Kommune 
geschildert. Leipzig wachse und entwickele sich wirtschaftlich und 
kulturell äußerst gut. Von dieser positiven Entwicklung grenze sich 
allerdings eine im politischen Raum agierende extremistische Szene ab. 
Diese sei gewaltbereit, müsse für die Gewährleistung der öffentlichen 
Sicherheit und Ordnung durchaus als gefährlich angesehen werden, heißt 
es im Brief an Tillich. Für eine Stadt mit mehr als 550000 Einwohnern 
reiche die Zahl der Polizeikräfte nicht aus, schreibt Jung weiter und 
verweist auf die Ereignisse rund um die jüngsten Demos und auf 
Übergriffe auf Polizeistationen. Bei den Vorkommnissen in den 
Abendstunden des 15. Januar, als Hunderte Autonome durch die Straßen 
zogen und eine Spur der Verwüstung hinterließen, habe es Stunden 
gedauert, bis von auswärts angeforderte Polizeikräfte dem Spuk ein Ende 
bereitet hätten. Das zeige, dass der Stadt "dauerhaft zu wenig 
Polizeikräfte zur Verfügung stehen, um jederzeit entsprechend 
handlungsfähig zu sein", argumentierte der OBM.
Auch Tillich zeigte sich entsetzt. In seinem Brief an Jung nennt er die 
nächtlichen Ausschreitungen und die Anschläge "völlig inakzeptabel", 
glaubt aber, dass der vom Land verhängte Stopp des Stellenabbaus bei der
 Polizei ausreiche. "Die sächsische Polizei ist generell gut 
aufgestellt." Zwischen den fünf Polizeidirektionen werde das Personal 
belastungsorientiert verteilt. Leipzig - am stärksten von allen 
Direktionen belastet - verfüge auch über die "höchste Sollstärke", ist 
"überdurchschnittlich gut ausgestattet".
Ferner blickte Tillich in die Kriminalitätsstatistik. Vergleichbare 
Städte wie Hannover, Düsseldorf oder Frankfurt/Main stünden schlechter 
da als Leipzig. Im Vergleich aller 39 Kommunen ab 200000 Einwohner 
befände sich Leipzig an achter Stelle. Der Ministerpräsident sieht also 
kein "Alleinstellungsmerkmal", das eine Aufstockung der Kräfte 
rechtfertigen würde.
