Ellwangen: Für eine Kultur der Toleranz und Solidarität

Erstveröffentlicht: 
25.01.2015

Die rund 1000 Teilnehmer des Solidaritätszug durch Ellwangen zeigen Flagge und ihr Gesicht

 

Ellwangen sz Unter dem Motto „Ellwangen zeigt Flagge“ hat sich am Samstagnachmittag ein breites Bündnis aus der Mitte der Gesellschaft friedlich aufgemacht, um „für eine Zukunft geflüchteter Menschen in Solidarität und Gerechtigkeit“ einzutreten. Der Solidaritätszug mit rund 1000 Teilnehmern wurde von der Aktionsgruppe Solidarität und der Mahnwache Ellwangen initiiert und von mehr als 50 Gruppen unterstützt, darunter Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Vereine.

 

Josef Baumann vom Friedensforum wirbt am Bahnhofsvorplatz für eine Kultur der Toleranz und Solidarität: „Wir zeigen nicht nur Flagge, wir zeigen auch unsere Gesichter.“ Lisa Mast von der Aktionsgruppe Solidarität ist überwältigt von der großen Zahl der Teilnehmer. Elisabeth Hild vom Freundeskreis Asyl ruft dazu auf, die Herausforderungen der Landes-Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge anzunehmen und auf die ankommenden Menschen mit Offenheit und Freundschaft zuzugehen.

 

Für eine Willkommenskultur und Integration ist auch Andreas Linder, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg und kritisiert Innenminister de Maizière: „Er will Auffanglager in Afrika einrichten. Das ist ein Signal der Abschottung, das den Menschenrechten und jeder Willkommenskultur Hohn spricht.“ Linder appelliert am die Teilnehmer, sich aktiv und solidarisch für die Flüchtlinge einzusetzen, und wendet sich gegen den „kleingeistigen Rassismus von Pegida und Co.“.

 

Dann setzt sich der Zug in Bewegung. „Mitgefühl statt Hetze“, steht auf einem Transparent. Plakate tragen Aufschriften wie „Kein Mensch ist illegal“, „Eure Lebensmittel haben auch Migrationshintergrund“, „Menschenrechte statt rechte Menschen“ und „Also ich mag Menschen – und Du?“. Weniger diplomatisch ist die autonome Antifa Schwäbisch Hall, die Sprüche skandiert wie „Für die Freiheit, für das Leben. Nazis von der Straße fegen“ und „Flüchtlinge bleiben. Nazis vertreiben“.

 

„Lasst uns gemeinsam zeigen, dass der Titel Stadt ohne Rassismus nicht nur ein Titel, sondern ein Selbstverständnis für uns ist“: Florian Bauer von der Aktionsgruppe Solidarität tritt bei der Kundgebung am Fuchseck für „eine praktische Solidarität, für eine menschlichere Asylpolitik ohne Arbeitsverbote und Residenzpflicht“ ein. Deutschland habe durch seine Rüstungsexporte Fluchtursachen mit zu verantworten, kritisiert er und fordert, „dass wir endlich aufhören, nur über die Flüchtlinge zu reden, anstatt mit ihnen“.

 

„Wem es um christliche Werte geht, muss sich an Christus orientieren“, betont Pater Reinhold Baumann. Jesus identifiziere sich mit dem Fremden. Darunter versteht der Comboni-Missionar nicht nur Kriegsflüchtlinge, sondern „auch solche, die aus der Perspektivlosigkeit in einem verarmten Land herauskommen wollen“. Der Geistliche vom Aktionsbündnis Mahnwache nimmt die Weihnachtskrippen als Beispiel: „Wenn man alle Araber, Palästinenser und Juden aus der Krippe rausnimmt, bleiben nur noch Ochs und Esel übrig.“

 

Partei ergreift Baumann für die vielen mitmarschierenden Muslime. Mit Blick auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo sagt er: „Ich halte diese Karikaturen für beleidigend und kontraproduktiv. Es verletzt, wenn man das, was einem Menschen heilig ist, lächerlich macht.“ Baumann plädiertfür die Öffnung des Nordtors der Reinhardt-Kaserne für die Flüchtlinge, „wenigstens tagsüber“.

 

Oberbürgermeister Karl Hilsenbek findet, Ellwangen habe mit dem Solidaritätszug gezeigt: „Wir haben zu Recht die Auszeichnung Stadt ohne Rassismus, Stadt mit Courage.“ Danach wenden sich zwei Flüchtlinge aus Kamerun und Nigeria gegen die Residenzpflicht für Flüchtlinge, und Renate Huober vom Freundeskreis Asyl beendet die Veranstaltung.

 

Die musikalische Gestaltung haben Andrea Batz und Pfarrer Martin Schuster, Veronica Gonzales und Olena Sercen sowie Volker Lauster-Schulz und Bettina Strohm übernommen.