Letzten Montag (19. Januar) fand die erste Demonstration von Pegida-NRW in Duisburg statt. Am 26. Januar wollen sie erneut hier aufmarschieren. Bevor wir zu den Gegenprotesten für den nächsten Montag aufrufen, wollen wir noch eine Bilanz zum 19. Januar ziehen:
Rechts, rechter, Pegida?
An der Pegida-Demonstration nahmen ungefähr 400 „besorgte Bürger_innen“, rechte Hooligans, Rechtspopulist_innen und Neonazis teil. Angeführt wurde die Demo u.a. von Paul Spätling (Bild), einem Pastor aus Emmerich, dem mittlerweile das Bistum Münster die Predigterlaubnis entzogen hat (1|2), da er auf der Pegida-Demo im Namen der katholischen Kirche sprach.
Wie schon im Vorfeld vermutet war die Distanzierung der Pegida-NRW-Organisatoren von „Rechtsextremen“ in ihrem Aufruf eine glatte Lüge. Am Montag stellten nämlich die zahlreichen Neonazis und Rechtspopulist_innen einen großen und willkommenen Anteil des Pegida-Aufmarsches. Von weitem schon war die Fahne der extrem rechten „German Defence League“ zu sehen. Außerdem befand sich in den ersten Reihen die Fahne des rassistischen und islamfeindlichen Blogs „pi-news“ – getragen von einer Frau mit einem Button der „Identitären Bewegung“. Daneben lief der rechtspopulistische Mülheimer Jürgen Grimm (Bild), der bereits in der Vergangenheit Duisburg mit seiner Anwesenheit „beglückte“ und mit Lügengeschichten auffiel. Auch Mario Malonn, dessen Austritt bei Pro NRW nichts an seiner politischen Einstellung geändert hat, nahm an der Demo zusammen mit Andre Maniera, dem Landesvorsitzenden der Republikaner NRW, teil. Außerdem waren Mitglieder der NPD vom Niederrhein und aus dem Ruhrgebiet (u.a. Dennis Vogt, Peter Brenntrup [Bild], Dan Ganther, der bereits 2013 zusammen mit dem NWDU in Rheinhausen demonstriert hat, die Duisburger Ratsfrau Melanie Händelkes [Bild] und ihr Mann Rainer Händelkes) anwesend. Der NPD-Landesvorsitzende Claus Cremer verweilte sogar eine Zeitlang auf der Bühne (Bild) und schwenkte vor dem Hbf eine NPD-Fahne (Bild). Weitere Neonazis (u.a. Marcel Schmuck [Bild]) zählten zu freien Kameradschaften wie die NWDU (u.a. waren Bastian Friedrich und Sascha Johnson anwesend) und der Partei „Die Rechte“. Des Weiteren waren zahlreiche rechte Hooligans aus dem HoGeSa-Spektrum und von der Division Duisburg dabei.
Als Claus Cremer mit zahlreichen Neonazis und den rechtsdominierten Hooligans von Alemania Aachen ankam, wurde die Gruppe vom Veranstalter Sebastian Nobile als „die Kameraden aus Aachen“ freundschaftlich begrüßt. Vorher hielt die Polizei die Gruppe einen Moment lang für Linke, weil die Eintreffenden dunkel gekleidet waren. Sie wollte die Gruppe erst aufhalten von der Seitenstraße zum Kundgebungsplatz zu gelangen. Doch nach einem kurzen Wortwechsel mit Cremer sorgte die Polizei für einen Zugang zu ihren „Freunden“ der Pegida-Kundgebung.
Neutralität der Polizei? – Fehlanzeige!
Der Abend hat gezeigt, dass nicht nur Pegidas „Distanzierung“ von Rechts leere Worte waren, sondern auch das Neutralitätsgebot der Polizei. Diese drückte ihre Zustimmung zu Pegidas Thesen mit der Hupe ihres am Kundgebungsplatz geparkten Einsatzfahrzeuges aus. Zuvor wurde von den Dresdener Pegida-Organisator_innen folgender Aufruf veröffentlicht: „als Zeichen gilt für morgen Abend, Lichter und Nationalfahnen zu Hause! Auto-Signalhorn und Hupen Punkt 18:30 Uhr in ganz Deutschland/ Europa!!!“.
Doch das ist eigentlich nur die Spitze des Eisbergs von dem was sich die Polizei am Montag geleistet hat. Die Initiative gegen Duisburger Zustände berichtet, dass ihre Kundgebung von einer Horde Polizeibeamter überfallartig und ohne einen erkennbaren Anlass gestürmt wurde. Dabei droschen mehrere Polizist_innen mit Schlagstöcken wüst und blindwütig auf alle Umstehenden, derer sie irgendwie habhaft werden konnten, ein. Mehrere Versammlungsteilnehmer_innen wurden dabei leicht verletzt. Erst im Nachgang teilte der zuständige Kontaktbeamte der Polizei der Versammlungsleitung mit, dass seine Kolleg_innen offenbar mutmaßliche Beteiligte einer Auseinandersetzung, die auf der Königstraße stattgefunden haben soll, verfolgt hätten. Das brutale Vorgehen gegen die Versammlungsteilnehmer_innen erklärte er mit dem „Eifer des Gefechts”.
Das Netzwerk gegen Rechts berichtet ebenfalls von völlig unverhältnismäßigen Angriffen der Polizei gegen Gegendemonstrant_innen. Als etwa 30 bis 50 Neonazis und Hooligans versuchten die Kundgebung des Netzwerks gegen Rechts am Bahnhof anzugreifen, hatte die Polizei alle Zeit der Welt bevor sie sich bequemte der Aufforderung einzugreifen nachzukommen. So mussten sich die Gegendemonstrant_innen zunächst selbst schützen. In der Presse wird der Umstand allerdings entweder überhaupt nicht erwähnt oder fälschlicherweise als „Auseinandersetzung von kleinen Personengruppen“ beschrieben, da WAZ und RP die Meldungen der Polizei unhinterfragt übernahmen. Unbeachtet blieben auch körperliche Misshandlung von mindestens einem Gegendemonstranten dessen Finger, Hände und Arme mit Flaschenöffnern und Ketten malträtiert wurden. Dies geschah sowohl im Einsatzbus als auch später im Gewahrsam, wohl auch „im Eifer des Gefechts“. Anzeige gegen die Beamten wurde gestellt.
Dass die Polizei und ihre ständischen Interessenverbände ein politischer Akteur sind, wird von der Presse nur allzu gern übersehen. Doch zeigt das Verhalten der Polizei sowohl in Duisburg als auch in Köln oder Dresden, dass sie eben nicht neutral sind. Viele sympathisieren mit Pegida und zwar nicht nur weil diese mehr Geld für die Polizei fordern. Ein im Nazi-Jargon verfasster Post auf der Kölner FB-Seite der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) spricht für sich. Hierfür musste sich der Kölner DPolG-Chef öffentlich entschuldigen. Der Duisburger Polizei stünde es gut zu Gesicht ihm gleich zu ziehen, und sich für ihr Verhalten zu entschuldigen.
Dass bei der Duisburger Polizei das Neutralitätsgebot links liegen gelassen wurde, zeigt auch ihre Angabe der Teilnehmenden. Laut Polizei sollen bei Pegida nämlich 600 Leute mitgelaufen sein, während selbst die Veranstalter, welche dazu neigen die Zahl ihrer Sympathisant_innen zu beschönigen, von 550 sprechen.
Gegenprotest
Unseren Beobachtungen nach nahmen etwa 400 an der Pegida-Demonstration teil, diesen standen insgesamt etwa 5000 Gegendemonstrant_innen gegenüber, die sich allerdings auf mehrere Kundgebungen verteilten. Nur etwa 1000 davon standen Pegida am Bahnhof wirklich gegenüber, während etwa 100 bei der Kundgebung der Initiative gegen Duisburger Zustände am Kaufhof waren und etwa 4000 bei der Kundgebung des DGB vor dem Stadttheater standen und den Reden von Sören Link & co lauschten. Derselbe Sören Link, der sich jetzt gegen Pegida aussprach, setzte 2013 auf einen Dialog mit den rassistischen Bürger_innen in Bergheim und Neumühl und sprach auf einer Kundgebung gegen „Pro Deutschland“ in Bergheim lieber von Wiedereinreisesperren gegen bulgarische und rumänische EU-Bürger_innen und von „rechten und linken Krawalltouristen“ als von der dringend notwendigen Rassismuskritik. Dass es auf der DGB-Kundgebung außer den üblichen Phrasen wie tolerant wir alle seien, keine radikale Rassismuskritik geben wird, war bereits absehbar. Um so bedauerlicher ist es, dass diese Kundgebung mit den meisten Gegendemonstrant_innen am Stadttheater und nicht in unmittelbarer nähe der Pegida-Route stattfand, um wenigstens durch die körperliche Präsenz ein deutlicheres Zeichen zu setzen.
Wie weiter?
Am kommenden Montag wird sich Pegida wieder in Duisburg versammeln. Diesmal wollen sie mit 800 Teilnehmer_innen die gleiche Route laufen. Dass der DGB diesmal nicht zu Gegenprotesten aufruft, zeigt, dass ihre Kundgebung am 19. Januar nur symbolischen Wert (im Sinne von „Flagge zeigen“ oder „Bratwurst grillen“ gegen Rechts) hatte und mehr eine Alibi-Veranstaltung war. Vor diesem Hintergrund ist es um so wichtiger, dass die anderen beiden Kundgebungen mehr als nur „Flagge zeigen“. Auch wenn die unterschiedlichen Bündnisse aus unterschiedlichen Gründen keine gemeinsame Kundgebung machen wollen, ist ein sinnvolles Agieren gegen Pegida durch strategisches Platzieren an der Route möglich. Es macht nämlich durchaus Sinn mehrere Kundgebungen anzumelden, doch diese sollten Pegida umzingeln und stoppen. Selbst die WAZ schreibt, dass zersplitterte Gegendemos nur Pegida nutzen.
In diesem Sinne: Kommt am Montag in die Innenstadt, kommt zu der Kundgebung, die strategisch Sinn macht! Zeigen wir Pegida gemeinsam, dass sie in Duisburg nicht erwünscht sind! Gegen Rassismus und geistige Brandstiftung! Für eine solidarische Gesellschaft!
17:30 | Bahnhofsvorplatz | Kundgebung des Duisburger Netzwerks gegen Rechts und des Bündnisses Duisburg stellt sich quer | Facebook-Event 1 + 2 | Infotelefon- & EA-Nr werden auf der Kundgebung bekannt gegeben
17:30 | vor Galeria Kaufhof | Kundgebung der Initiative gegen Duisburger Zustände | Aufruf der Gruppen Creme Critique & Emanzipatorische Antifa Duisburg | Facebook-Event | Ticker | EA-Nr wird auf der Kundgebung bekannt gegeben