Familie Ametovic: Nach Abschiebung in Freiburg: Kritik an und von den Grünen

Erstveröffentlicht: 
22.01.2015

Der politische Streit um die Abschiebung einer Familie mit sechs Kindern von Freiburg nach Serbien spitzt sich weiter zu. Derweil sprengten Demonstranten den Neujahrsempfang der Freiburger Grünen. 

 

Von Uwe Mauch

 

Die grüne Fraktionschefin im Landtag, Edith Sitzmann, hat nach BZ-Informationen versucht, die Abschiebung der Familie Ametovic in letzter Minute zu verhindern. Doch sie ist beim SPD-Innenminister abgeblitzt.

Demonstranten sprengen Neujahrsempfang


Die Familie Ametovic mit sechs zumeist kranken Kleinkindern ist von Freiburg nach Serbien abgeschoben worden. "Ich bin erschüttert und fordere endlich verbindliche Kriterien, in welchen Fällen abgeschoben werden darf und wann humanitäre Gründe dagegen sprechen", sagte Sitzmann am Mittwochabend beim Neujahrsempfang der Grünen.

Die fast schon traditionelle Veranstaltung der Freiburger Grünen in der Passage 46 (früher Jackson-Pollock-Bar) war zuvor von Demonstranten gesprengt worden. Etwa 100 zumeist junge Menschen machten ihrem Unmut Luft, dass die 29-jährige Sadbera Ametovic mit ihren zumeist kranken Kleinkindern am Dienstagmorgen von der Polizei abgeholt worden war. Zusammen mit 140 weiteren Asylbewerbern sind sie am Nachmittagin ihr Heimatland ausgeflogen worden. Dem "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" zufolge sollen sie im Roma-Lager Nis unterkommen, wo es weder Strom noch Wasser gebe.

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Grüne in der Zwickmühle


Der Fall empört die Grünen und bringt sie in die Zwickmühle. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte im Bundesrat der Gesetzesänderung zugestimmt, die auch Serbien zu einem sicheren Herkunftsland macht. Abschiebungen von Asylbewerbern, deren Anträge offensichtlich unbegründet sind, sollen damit erleichtert werden. Sitzmann wies darauf hin, dass Kretschmann im Gegenzug Verbesserungen für in Deutschland lebende Asylbewerber erreichen konnte, etwa die Abschaffung der Residenzpflicht und Erleichterungen beim Einstieg in Jobs. Das konnte die Demonstranten jedoch nicht überzeugen. Freiburgs grüne Spitzenpolitiker wie die Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae, Staatsministerin Silke Krebs, Landwirtschaftsminister Alex Bonde, die Landtagsabgeordneten Sitzmann und Reinhold Pix, Schulbürgermeisterin Gerda Stuchlik, die Fraktionschefin im Gemeinderat Maria Viethen, Vorstandssprecher Jochen Hefer wurden ausgepfiffen und niedergebuht.

"Wir brauchen endlich klare Kriterien für die Einzelfallprüfung." Edith Sitzmann

Eigenen Angaben zufolge hat Edith Sitzmann am Montagabend von der bevorstehenden Abschiebung der siebenköpfigen Familie erfahren. Sie habe beim zuständigen Innenminister Reinhold Gall (SPD) versucht, das Vorhaben zu stoppen. Ohne Erfolg. "Wir brauchen endlich klare Kriterien für die Einzelfallprüfung", forderte Sitzmann. Bei Krankheit dürfe nicht abgeschoben werden. Angeblich soll die Familie noch einmal amtsärztlich untersucht und für gesund befunden worden sein. Das "Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung" bestätigt zwar, dass die Kinder, die aufgrund von Unterernährung Mangelerscheinungen hatten, auf dem Weg der Besserung waren. Doch nun würden sie zurück ins Elend gestoßen.

Spendenaktion des Jugendhilfswerks

Eine serbisch sprechende Mitarbeiterin des Jugendhilfswerkes hält weiterhin Kontakt zu der Familie, die am Mittwochmorgen um 3 Uhr in Serbien ankam. Frau Ametovic berichtete am Telefon über die vorherrschenden Zustände vor Ort. Das Dach des Hauses der Familie ist während deren Abwesenheit eingestürzt, seit Juni 2014 gibt es in der Romasiedlung keinen Strom, keine Heizung und kein fließendes Wasser. Die Familie verfügt über kein Mobiliar. Die Kinder schlafen auf dem Boden. Das jüngste Kind, der 1,5 Jahre alte Martin, leidet derzeit an hohem Fieber.

Um die Familie zu retten, müssen ihre Lebensbedingungen gravierend verbessert werden. Neben notwendigen baulichen Maßnahmen ist es erforderlich, dass die Familie eine Mindestausstattung an Möbeln, Kleidung, Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln erhält. Vier Kinder brauchen noch Windeln.

Das Jugendhilfswerk Freiburg e.V. hat hierfür ein Spendenkonto eingerichtet. Die Spenden werden in Absprache mit der Familie direkt an sie überwiesen oder über die vor Ort arbeitenden Hilfsorganisationen weitergeleitet. Der Aufruf zur Soforthilfe ist aus Sicht des Jugendhilfswerks keine dauerhafte Lösung für die Situation der Familie.

Spenden für die Familie Ametovic

Bitte auf folgendes Konto:
Sparkasse Freiburg
IBAN: DE18 6805 0101 0013 4755 43
BIC: FRSPDE66XXX