Sieben Jahre hat der Landtag gebraucht, um die Untersuchung zu starten / Erster Zeuge.
STUTTGART. Vor bald sieben Jahren
wurde in Heilbronn die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen.
Gestern hat die parlamentarische Aufarbeitung des – dem
rechtsextremistischen NSU zugeordneten Mordes – begonnen. Sieben Jahre
hat der Landtag gebraucht, um den Untersuchungsausschuss auf die Beine
zu stellen – genauso zäh verlief die erste Zeugenvernehmung. Knapp ein
Jahr vor der vergangenen Landtagssitzung haben sich die Abgeordneten ein
Mammutprogramm verordnet: 17 Sitzungen bis zum Sommer, danach ein
Abschlussbericht im Herbst. Am 16. Februar 2016, dem letzten Plenum
dieser Legislaturperiode, könnte der Bericht das Parlament durchlaufen.
Es liegen noch nicht mal alle Akten vor, geschweige denn, dass sie
gelesen wären.
Im Mittelpunkt des Ausschusses steht die Frage, ob der Polizistenmord
gezielt geschah und ob dabei der rassistische Ku-Klux-Klan eine Rolle
spielte. Weiter geht es darum, zu klären, was im Zusammenspiel von
Polizei, Geheimdienst, Justiz und Politik im Land, falsch gelaufen ist.
Der erste Zeuge, der Hamburger Ex-Verfassungsschützer, Justiz- und
Innensenator Heino Vahldieck (CDU) konnte dazu nichts beitragen, auch
wenn er Mitglied jener Bund-Länder-Kommission war, die die Mordserie als
Erste beleuchtete.
"Baden-Württemberg stand nicht besonders im Blickpunkt", sagte Vahldieck
in seiner Anhörung. Der Südwesten habe rasch Material geliefert. Ein
Versagen des Systems habe man nicht festgestellt, und die
Sicherheitsstrukturen einzelner Bundesländer hätten in der damaligen
Debatte keine Rolle gespielt. Das allerdings, räumte Vahldieck ein, sei
der Stand von vor zwei Jahren, als seine Bund-Länder-Kommission ihren
400-Seiten-Bericht abschloss. Seither sind in fünf anderen Bundesländern
Untersuchungsausschüsse noch immer tätig. Der NSU-Ausschuss im
Südwesten will für seine nächsten Sitzungen Journalisten und Autoren als
Zeugen laden. Darunter sind nach Angaben des baden-württembergischen
Landtages vom Freitag auch der ehemalige Spiegel-Chefredakteur und
heutige Welt-Herausgeber Stefan Aust sowie der Krimiautor Wolfgang
Schorlau.