Linksfraktion beantragt Abbruch der Ratssitzung, um an Gegendemonstration teilzunehmen / CDU-Fraktion widerspricht
Von Mathias Orbeck und Andreas Tappert
 Die Legida-Demonstrationen haben einen Riss durch den Leipziger 
Stadtrat erzeugt. Denn als sich gestern in der Innenstadt turbulente 
Szenen abspielten, kam es auch im Neuen Rathaus zu einer ungewöhnlichen 
Situation: In der dort stattfindenden turnusmäßigen Ratsversammlung 
beantragte kurz vor 18 Uhr der Fraktionschef der Linkspartei Sören 
Pellmann, die Sitzung zu unterbrechen, um sich den Demonstrationen gegen
 Legida anzuschließen. "Während draußen Tausende auf und am Ring 
demonstrieren, sitzen wir hier. Wir sollten uns ihr Anliegen zu eigen 
machen und zu unseren Wählern gehen und mit ihnen das Gespräch für ein 
demokratisches Leipzig suchen", erklärte Pellmann.
 Doch noch bevor Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) den Antrag zur 
Abstimmung stellen konnte, meldete sich die CDU-Ratsfraktion zu Wort und
 widersprach Pellmann. "Wir sind gegen eine Unterbrechung, denn wir 
haben einen Wählerauftrag zu erfüllen", erklärte Stadträtin Andrea 
Niermann (CDU). Die Fortsetzung der Sitzung sei nicht undemokratisch, 
denn der Stadtrat zeige auch Courage, "wenn wir wie geplant unsere 
Versammlung fortführen". Niermann: "Wir teilen die Auffassung der Pegida
 in keiner Weise. Aber wir sollten die Schwierigkeiten erst nehmen, die 
offenbar Teile unserer Bevölkerung zur Teilnahme an den Demonstrationen 
bewegen." Auch Leipzigs Stadtrat müsse einige der von Pegida 
artikulierten Sorgen ernst nehmen, zum Beispiel "Zukunftsängste in einer
 Einwanderungsgesellschaft" und das "Integrationssproblem".
Die neu in den Stadtrat gewählte Niermann forderte auch 
Oberbürgermeister Jung auf, im Stadtrat wenigstens "eine Kommunikation 
auf dem kleinsten Nenner" sicherzustellen. Es sei nicht akzeptabel, dass
 Jung vor der Ratssitzung nicht alle Fraktionsvorsitzenden zum Gespräch 
einberufen hat.  Nach LVZ-Informationen hat Jung den Vorsitzenden der 
neu im Leipziger Rat vertretenen Fraktion Alternative für Deutschland 
(AfD) nicht hinzugebeten.  
Gegenüber der LVZ bekräftigte CDU-Stadtrat Karsten Albrecht die Kritik. 
"In der Ratssitzung stehen noch wichtige Themen auf der Tagesordnung - 
unter anderem der Sanierungsbeschluss für das Asylbewerberheim in der 
Torgauer Straße", erklärte er. "Wenn wir die Sitzung abbrechen, können 
dort erst vier Wochen später die Arbeiten beginnen." Im Unterschied zum 
Programm der Legida gebe es aus seiner Sicht im Programm der Pegida 
durchaus Punkte, über die nachgedacht werden müsse. "Dass wir über den 
Umgang mit Asylbewerbern reden müssen, ist doch ein breiter Konsens", so
 Albrecht. "Wir haben in Leipzig im nächsten Jahr wieder 1000 
Asylbewerber unterzubringen und müssen darüber nachdenken, wie wir die 
Bürgerschaft bei diesem Thema mitnehmen. Wir müssen miteinander 
sprechen." 
Viele Abgeordnete waren ob der Entwicklung besorgt. "Ich kann nicht im 
Rat sitzen, wenn draußen demokratische Werte verteidigt werden müssen", 
so Christian Schulze (SPD). Etliche meinten, dass da auch der ohnehin 
umstrittene Stadtentwicklungsplan Verkehr lieber einen Monat warten 
kann.
Als das Gremium über den Pellmann-Antrag abstimmte, sprach sich eine 
große Mehrheit der Stadträte für den Abbruch der Sitzung aus. Während 
die Linksfraktion und zahlreiche andere Abgeordnete von SPD und Grünen 
zu den Gegendemonstranten strömten, ging die CDU-Fraktion in die 
Gegenrichtung. Ihre Stadträte nahmen an der Mahnwache teil, die an der 
neuen Propsteikirche abgehalten wurde, die gegenüber dem Neuen Rathaus 
errichtet wird.
