Ein Mittler zwischen Linken und Rechten sprach auf dem Augustusplatz / Kritik an Einmischung von Washington, Brüssel und Ankara
Von Armin Görtz
 Leipzig. Der Mann mit dem eleganten Schal hatte schon mit dem ersten 
Satz die Menge auf seiner Seite: "Mein Name ist Jürgen Elsässer und 
meine Zielgruppe ist das Volk", sagte der Auftaktredner der gestrigen 
Legida-Demo und löste prompt ein Wir-sind-das-Volk-Echo aus. So ging es 
weiter. Wenn Elsässer Politiker erwähnte, skandierte der Leipziger 
Augustusplatz "Volksverräter", beim Stichwort Medien folgte 
"Lügenpresse".
 Manches Elsässer-Zitat hätte auch im linken Lager Beifall gefunden: 
"Obama, nimm deine ganzen Truppen und Stützpunkte, zieh sie ab", 
forderte er beispielsweise oder verwahrte sich gegen Einmischung "von 
Washington oder Brüssel oder Ankara oder Tel Aviv". Er zitierte sogar - 
leicht abgewandelt - das Kommunistische Manifest und rief die Patrioten 
aller Länder auf, sich zu vereinen. Der Mann kennt sich in dieser 
Hinsicht aus. "Ich habe in jüngeren Jahren selbst bei der Antifa 
demonstriert und mein Herz schlägt immer noch links", räumte er ein.
Elsässer (58) ist ein Publizist mit schillerndem Lebenslauf. Der 
einstige  Linksradikale aus Baden-Württemberg bemüht sich inzwischen, 
das linke und das rechte Lager zusammenzubringen. Zunächst war er 
Mitglied im  Kommunistischen Bund, der sich 1991 auflöste. Nach dem 
Mauerfall zählte Elsässer zu den Geburtshelfern einer betont 
antideutschen Richtung im linksradikalen Lager.  "An der Entstehung 
dieser Strömung hatte auch ich selbst keinen geringen Anteil, und ich 
muss mich dessen nicht schämen", heißt es in einem seiner Bücher.
Seit Mitte der neunziger Jahre arbeitete er vorwiegend für linke Medien 
wie "Junge Welt", "Konkret", "Freitag", "Jungle World" und "Neues 
Deutschland". Jenes Blatt trennte sich 2009 von ihm. Vorwurf:  Er habe 
an "rechte Parolen angedockt". Der damalige sächsische 
NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel (40) hatte bereits zuvor 
eingeschätzt, dass Elsässer "Brücken zur NPD" schlage.
Elsässer ist Mitbegründer, Chefredakteur und einer der Verleger der seit
 Ende 2010 erscheinenden Zeitschrift "Compact". Die Redaktion sitzt in 
Leipzig. Top-Themen der letzten Hefte waren Kritik an den USA, an Israel
 und an Multikulti sowie Verständnis für Putin. Elsässer bezeichnete 
"Compact" nach der Gründung als "einzigartiges publizistisches 
Experiment, weil es demokratische Linke und demokratische Rechte, 
Moslems und Islamkritiker im offenen Dialog zusammenbringt". Dabei 
betonte er: "Besonders freut uns, dass mit Andreas Rieger ein deutscher 
Moslem von Anfang an dabei ist."
Rechtsanwalt Andreas Abu Bakr Rieger (49) - Herausgeber der "Islamischen
 Zeitung" - ging allerdings bei "Compact" vor ein paar Monaten als 
Gesellschafter von Bord. Während er vor Pegida warnt, wirbt Elsässer 
massiv für die islamkritische Organisation und ihre Ableger. Legida, so 
befand er jüngst, habe das Zeug, zu einer "Bewegung aller Unzufriedenen 
zu werden".
Nachdem Hooligans in Köln gegen Salafisten demonstriert und sich eine 
Straßenschlacht mit der Polizei geliefert hatten, stand auf dem 
"Compact"-Titel im Dezember: "Hooligans im Exklusivinterview ,Warum wir 
zornig sind'". Das Cover zeigte einen harten Typen mit blutiger Stirn. 
Schriftzug auf seinem T-Shirt: "Gemeinsam sind wir stark".
Gestern hingegen bemühte sich der einstige Antideutsche und heutige 
Patriot Elsässer um den Brückenschlag nach links. Auf der Kundgebung lud
 er Anhänger der Linkspartei und Gegendemonstranten zu Legida ein: "Ihr 
seid willkommen", rief der Redner und die Menge skandierte: "Schließt 
euch an."
