Aktionsbündnis lässt auch Migranten zu Wort kommen / Kundgebung auf dem Augustusplatz
Von Mathias orbeck und mario beck
 "Willkommen in Leipzig" - vereint hinter diesem Transparent haben 
gestern Abend nach Polizeiangaben 5000 Bürger auf dem Ring für eine 
weltoffene Stadt, gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz 
demonstriert. Der Marsch um die Innenstadt richtete sich auch gegen den 
für Mittwoch angemeldeten Aufzug von Anhängern der islamfeindlichen 
Legida-Bewegung. Zuvor hatten auf dem Nikolaikirchhof Menschen mit 
Diskriminierungserfahrungen und Migranten gesprochen. Auch Said Ahmed 
Arif, der Imam der Ahmadiyya-Gemeinde, die in Gohlis eine Moschee 
errichten will, ergriff das Wort. "Die Moschee dient natürlich 
religiösen und spirituellen Bedürfnissen der Gemeinde, ist aber auch 
eine Plattform der Begegnung und des Dialogs", sagte er. Letzteres sei 
besonders wichtig, um Vorurteile abzubauen. Neben aggressiven E-Mails, 
die bei der Gemeinde eintreffen, gebe es viel Unterstützung von 
Leipzigern. "Ich bin mir sicher, dass die Gesellschaft sich durch die 
Stimmungsmache nicht spalten lässt." Er verurteilte Fanatismus, 
Extremismus und den Terrorakt in Paris aufs Schärfste. Ängste und 
Ressentiments dürften nicht geschürt werden. 
 Marisa Sanchez vom Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen ergänzte: 
"Die Offenheit gegenüber anderen Kulturen macht eine Stadt lebendiger 
und interessanter." Aufgerufen wurde dazu, sich mit Asylpolitik und 
(Alltags-)Rassismus, dem Fremde auch in Leipzig ausgesetzt seien, zu 
beschäftigen.
Nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche begann die Demonstration, zu
 der ein breites Aktionsbündnis aufgerufen hatte. Auf Transparenten 
wurde deutlich, wofür der 45 Minuten dauernde Marsch auf dem Ring stand:
 für das Grundrecht auf Asyl, eine menschenwürdige Aufnahme von 
Flüchtlingen, religiöse und weltanschauliche Pluralität und eine 
demokratische Streitkultur. Pegida und seinem Ableger Legida wurde 
symbolisch die Rote Karte gezeigt. Leipzig sei und bleibe eine Stadt der
 Vielfalt, so der Tenor der Demo, der sich im Verlauf immer mehr Bürger 
anschlossen. 
Nach der Ankunft auf dem Augustusplatz, wo am Opernhaus der Schriftzug 
"Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit" prangte, wandte sich bei der 
Abschlusskundgebung unter anderem Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) 
an die Versammelten: "Von hier geht eine starke Botschaft der 
Stadtgesellschaft aus - auch für die Menschen, die bei uns Zuflucht 
suchen." Jung erklärte, die Menschenwürde sei unantastbar, andere 
Kulturen würden das Leben in der Stadt bereichern. Er verwies unter 
anderem auf das Ballett der Oper, dessen Ensemblemitglieder aus 23 
verschiedenen Ländern kommen. Mit Blick auf den für morgen geplanten  
Legida-Aufzug erklärte er: "Jeder, der heute gekommen ist, möge bitte 
zehn Freunde und Bekannte mitbringen, um dann ein großes Protestzeichen 
zu setzen." Uni-Rektorin Beate Schücking erklärte, Wissenschaft lebe von
 der Internationalität. Von den mehr als 28 000 Kommilitonen der Alma 
mater seien zwölf Prozent Studierende aus dem Ausland. "Sie sind eine 
große Bereicherung." HTWK-Rektorin Gesine Grande wandte sich gegen 
Dogmatismus und ein Verbarrikadieren der offenen Gesellschaft. Die 
Polizei zählte bei der Abschlusskundgebung 3000 Zuhörer.
 Die Volkshochschule (VHS) lädt heute ab  19 Uhr zu einem offenen 
Diskussionsforum unter dem Motto "Für ein Europa freier Bürger mit 
offenen Grenzen" ein.
