Pegida-Gegner scheitert mit Eilantrag vor Gericht
Von Jürgen KOchinke
Dresden. Wie schon an den Montagen in den jüngsten Wochen und
Monaten befand sich Dresden auch gestern wieder im Ausnahmezustand.
Obwohl wegen der Terrorwarnung ein generelles Versammlungsverbot galt,
zeigte die Polizei bereits ab dem Nachmittag an den neuralgischen
Punkten deutlich Präsenz. Ob Theater- oder Postplatz, ob am Rande der
Fußgängerzone oder rund um den Goldenen Reiter - überall standen
Mannschaftswagen. Die Beamten sollten verhindern, dass sich trotz des
Verbots Demonstranten versammeln.
Die Folgen der Drohung aber waren auch der Grund für einen weiteren
außerordentlichen Termin gestern in Dresden. Regierungschef Stanislaw
Tillich (CDU) persönlich wollte Stellung nehmen zum Versammlungsverbot,
und wie schon am Morgen bei der Pressekonferenz der Pegida-Spitzen war
der Saal brechend voll. Tillich selbst gab sich betont staatsmännisch,
zur Sache aber sagte er wenig. Der Tenor lautete: Es musste abgewogen
werden zwischen zwei hohen Gütern - dem Demonstrationsrecht und der
Sicherheit der Menschen.
In diesem konkreten Dresdner Fall ist die Entscheidung laut dem
Regierungschef zugunsten der Sicherheit gefallen. Schließlich sei die
Pegida-Versammlung konkret gefährdet gewesen. "Freiheit", so Tillich,
"braucht auch Schutz". Es sei aber klar, dass es sich um einen
"konkreten Einzelfall" handele. Zugleich mahnte er Dialogbereitschaft
an. "Demokratie braucht Teilhabe, man muss zuhören und miteinander
sprechen." Morgen soll der erste Bürgerdialog mit 300 Leuten zum Thema
stattfinden, laut Tillich ist das Interesse daran "sehr groß". Weitere
Runden sollen im Drei- oder Vier-Wochen-Rhythmus folgen.
Am Abend wies das Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen das
Demo-Verbot ab. Der Antragsteller - laut Gericht ein Pegida-Gegner -
habe nicht hinreichend dargelegt, dass er davon betroffen ist. Über die
Rechtmäßigkeit des Verbots hatte das Gericht noch nicht zu entscheiden,
nur über die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs.
Aktenzeichen: 6 L 27/15
Ulbig: Es gab eine Bedrohungslage
Dresden. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) verteidigt im Interview das Dresdner Demonstrationsverbot.
Was für ein Zeichen hat der Staat mit dem Demonstrationsverbot gesetzt - dass er nicht mehr Herr im eigenen Land ist?
Die Entscheidung war eine sehr schwerwiegende. Das war ein
tiefgreifender Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Es gab eine
konkretisierte Hinweislage, dass für die Montags-Demonstration eine
schwerwiegende Bedrohungslage bestand. Aus der Versammlung heraus sollte
auf ein Mitglied des Pegida-Organisationsteams ein Anschlag verübt
werden. Ich stehe zu der Entscheidung der Dresdner Polizeidirektion.
Wieso ist die Leipziger Demonstration eine ungefährliche Veranstaltung?
Für Leipzig gibt es bis jetzt keinen derartig konkreten Bedrohungshinweis. Es ging um Pegida Dresden.
Wir reden über einen Bedrohungshinweis auf Basis eines arabischen
Twitter-Eintrags von "princezahab 1", der "an den Hund Lutz Bachmann"
gerichtet war? Das führte zum Demonstrationsverbot.
Es gibt eingestufte Warnhinweise. Ich vertraue den Sicherheitsbehörden
mit ihren Hinweisen. Die Informationslage rechtfertigte das Verbot. Es
soll mehr als diesen Tweet geben.
Werden Sie zumindest im Nachhinein vollkommene Transparenz schaffen über die Gründe, die zum Verbot führten?
Das ist mit Sicherheit notwendig. Ein solcher Eingriff verlangt, dass er erklärt wird.
Die Bundeskanzlerin hat im Nachhinein dem Land die Bundeshilfe
zugesagt, um ein solches Verbot einmalig bleiben zu lassen. Hilft Ihnen
dieses Angebot?
Wir haben die Informationen über die bedrohte Sicherheit vom Bund
bekommen. Der Bundesinnenminister nennt die Dresdner Entscheidung
"verantwortlich".
Es gab eine Telefonkonferenz der Innenminister. Wer außer Ihnen hat Verständnis über das Verbot geäußert?
Die Telefonkonferenz ist vertraulich. Ich habe über die Grundlagen unserer Entscheidung informiert.
Interview: Dieter Wonka