Verfügung der Dresdner Polizei ist umstritten / Kubicki: "Das war politisch motiviert"
Von Dieter Wonka
Berlin/Dresden. Das von den Sicherheitsbehörden in Dresden für gestern verhängte Demonstrationsverbot für die islamkritische Pegida und die Gegendemonstration am gestrigen Montag stößt bei den Amtskollegen von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf teils heftige Kritik. Nach außen sind fast alle Politiker der beiden großen Parteien aber um Mäßigung bemüht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte, der Staat werde 
notfalls den Landesbehörden ausreichend Kräfte und Mittel bereitstellen,
 um künftig das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit trotz islamistisch
 motivierter Terrordrohungen zu garantieren. "Ich habe als 
Bundeskanzlerin, unbeschadet ob mir die Inhalte gefallen, ein Interesse 
daran, dass an jedem Ort in Deutschland demonstriert werden kann - weil 
es sich um ein Grundrecht handelt."
Wolfgang Kubicki, FDP-Vize und Liberalen-Fraktionschef in 
Schleswig-Holstein, sieht mit dem Verbot von Dresden "einen Grundpfeiler
 der Demokratie" in Gefahr. "Der Staat vermittelt damit nach außen den 
Eindruck, als sei er nicht mehr Herr der Lage im eigenen Land", sagte 
Kubicki gegenüber dieser Zeitung. "Ich befürchte, dass der Eindruck 
entstehen kann, dass es sich dabei nicht um eine reale Gefährdungslage 
handelt, sondern um eine politisch motivierte Demonstrationsabsage. Wenn
 sich das herausstellen sollte, dann gnade uns Gott." Damit spielt 
Kubicki auf die Mutmaßung an, die Dresdener Polizei wolle einen 
Pegida-Aufmarsch verhindern, um das Image der Stadt durch diese Bewegung
 nicht weiter beeinträchtigen zu lassen. Da das verhängte 
Demonstrationsverbot bundesweit Bedeutung habe, verlangte Kubicki "eine 
vollkommen transparente Aufklärung darüber, was die Sicherheitsbehörden 
dazu veranlasst" habe, diese "hammerharte Maßnahme" zu verhängen.
Ein mit den jüngsten Terrordrohungen von Amts wegen vertrauter deutscher
 Sicherheitsexperte machte gegenüber dieser Zeitung darauf aufmerksam, 
dass es sich bei den diskutierten Gefahren für Pegida und speziell für 
deren Frontmann Lutz Bachmann wohl nur "um abstrakte Drohungen" handele.
 Er äußerte "erhebliche Bauchschmerzen" bei dem Gedanken, dass ein nur 
vager Hinweis als Grundlage für ein verhängtes Demonstrationsverbot 
unter freiem Himmel gedient habe. Allgemein wird ein 
Demonstrationsverbot nur dann als "vertretbar" angesehen, wenn es 
konkrete Hinweise auf Terroraktionen vergleichbar mit den Hinweisen auf 
das geplante Handeln der Terrorzelle in Belgien aus der vergangenen 
Woche gibt. Dafür sieht der Sicherheitsexperte, der nicht namentlich 
genannt werden will, "keinerlei Hinweise". Die Polizei in Sachsen hatte 
allerdings in ihrer Verfügung auf eine solch konkrete Gefahr eines 
Anschlags auf den Pegida-Sprecher Lutz Bachmann verwiesen.
Als eine der Entscheidungsgrundlagen der Behörden wird derzeit ein Tweet
 aus dem Internet von "princezahab 1" gewertet, der auf arabisch 
gefordert hat: "An die einsamen Wölfe in Deutschland: Wendet euch wegen 
der Anti-Islam-Hetze an den Hund Lutz Bachmann." Die "einsamen Wölfe" 
gelten als Hinweis auf sogenannte Terror-Schläfer in Islamisten-Zellen.
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warnte davor, "dass eine Demonstration 
abgesagt wird, nur weil ein Drohbrief geschrieben worden ist". Er sei 
sich bei den Dresdner Behörden "nicht ganz sicher, ob das notwendig 
ist".
