Auch in diesem Jahr soll der Marktfrühschoppen wie gewohnt am ersten Sonntag im Juli stattfinden. Oberbürgermeister Egon Vaupel hat dem Veranstalter den Marktplatz zur Verfügung gestellt
Marburg.
Vaupel sagte der OP, die Rechtslage lasse ihm keine andere Wahl. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Stadt im Jahr 2013 verpflichtet, den Marktplatz für die Traditionsveranstaltung zur Verfügung zu stellen. „Die Genehmigung entspricht nicht meinem persönlichen oder politischen Willen“, machte Vaupel deutlich, dass er die Veranstaltung auf dem Marktplatz nach wie vor ablehnt. Auch die Stadtverordnetenversammlung hatte in einem Beschluss den Marktfrühschoppen abgelehnt.
Der Marktplatz sei als Forum für Rechtsextremisten nicht geeignet, sagte Vaupel.
Der grüne Stadtverordnete Marco Nezi hatte in seiner Rede auf dem Marktplatz am Montagabend aus Anlass der Anti-Pegida-Demonstration vor 3 500 Leuten darauf hingewiesen, dass es auch in Marburg „aktive Unterstützer für Pegida-Forderungen“ gebe. Mitglieder von rechtsextremen Studentenverbindungen und Burschenschaften aus Marburg, wie zum Beispiel die Germania, hätten etwa in Kassel für „KaGiDa“ und anderswo mitdemonstriert.
„Schon lange ist bekannt, welch rechtsextreme Gesinnungen bei der Germania, den Rheinfranken und der Normannia Leipzig vorhanden sind“, sagte Nezi. Die Genannten nutzten weiterhin öffentliche Feste wie den Marktfrühschoppen, „um ihre Gesinnung zu tarnen und salonfähig zu machen“.
Die Beschlüsse im Stadtparlament haben den Marktfrühschoppen nicht verhindern können. Marco Nezi stellte aber klar, das Parlament wolle „keine sogenannten Volksfeste, die Mitglieder rechtsextremer Verbindungen als harmlosen Tarnmantel missbrauchen“.
Der Vorsitzende des Marktfrühschoppenvereins, Tilman Pfeiffer, hatte sich nach dem Marktfrühschoppen 2014 deutlich von rechten und rechtsextremen Burschenschaften distanziert, aber den Marktfrühschoppen als Volksfest verteidigt. Er wolle aber persönlich dafür sorgen, dass keine Rechtsextremen an dem Fest teilnehmen, hatte er im Juli 2014 der OP gesagt.
Burschenschaft Germania im Focus der Kritik
Pfeiffer hatte zuvor beobachtet, wie mehrere Mitglieder der Marburger Burschenschaft Germania in vollem Ornat – schwarze Anzüge, schwarz-weiß-rote Käppis und Bänder – beim Marktfrühschoppen feierten. In ihrem Dunstkreis befanden sich auch Mitglieder der Burschenschaft Danubia München und Dresdensia Rugia Gießen. Beide Burschenschaften werden vom Verfassungsschutz seit Jahren beobachtet. Sie gelten als rechtsextrem – genau wie der Dachverband Deutsche Burschenschaft, deren Vorsitz die Marburger Germanen mit Beginn dieses Jahres übernehmen.
Pfeiffer
befindet sich diese Woche im Urlaub und konnte deswegen keine Stellung
zu seinen Plänen für den Marktfrühschoppen 2015 beziehen. Vaupel
kündigte an, er wollte mit dem Veranstalter noch einmal über den
Marktfrühschoppen diskutieren.
Im Focus der Kritik steht seit Jahren die Marburger Burschenschaft Germania. Die Germanen übernehmen offiziell am 17. Januar den Vorsitz im rechtsetxremen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“. Sie machte seit Jahren durch völkische und rassistische Positionen auf sich aufmerksam. Viele frühere Mitgliedsbünde sind inzwischen aus dem Dachverband ausgetreten und organisieren sich etwa in der „Neuen Deutschen Burschenschaft“.
Die Übernahme des Vorsitzes in der Deutschen
Burschenschaft begeht die Marburger Germania mit einer
„Reichsgründungsfeier“ . Sie erinnert an die Proklamierung des
Deutschen Kaiserreichs am 18. Januar in Paris und steht in der
Tradition akademischer „Reichsgründungsfeiern“ in der Weimarer Republik
und im Nationalsozialismus.
von Till Conrad