Polizeichef Bernd Merbitz will die Präsenz von Einsatzkräften im Süden massiv erhöhen Von Frank Döring
"Auch wenn du deine Uniform ablegst, so bleibst du immer noch das gleiche Schwein von Mensch und wirst weiterhin Ziel unserer Interventionen sein, wann immer wir es wollen." Etwa drei Stunden nach dem brutalen Angriff auf den Connewitzer Polizeiposten haben Unbekannte diese Drohung gegen die Polizei auf der von Linksextremen genutzten Internetplattform Indymedia veröffentlicht. Es ist eine Kampfansage, manche sagen auch: Kriegserklärung.
 Mittwoch kurz nach 20 Uhr: Die beiden diensthabenden Beamten (35, 43) 
erledigen in ihrer Dienststelle in der Wiedebachpassage die üblichen 
Schreibarbeiten. Plötzlich sehen sie eine Gruppe von rund 30 Leuten, die
 in Marschformation aus Richtung Connewitzer Kreuz kommt. Es sieht aus 
wie eine Spontandemo. Doch was sich da nähert, ist keiner der in 
Connewitz üblichen Aufzüge, sondern ein linksextremes Rollkommando. Die 
Vermummten attackieren die Scheiben des Polizeipostens mit 
Pflastersteinen, Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern. Versuche, in die 
Dienststelle einzudringen, gibt es aber offenbar nicht. Die zwei Beamten
 ziehen sich in einen hinteren Raum zurück, rufen Verstärkung. 
Unterdessen kommen weitere etwa 20 Angreifer über den Hinterhof. Sie 
klettern über den Zaun, zerdreschen die Heckscheibe eines dort geparkten
 Streifenwagens und werfen einen Brandsatz hinein. Nach 30 Sekunden ist 
der Spuk vorbei. Bevor die Angreifer abziehen, verteilen sie sogenannte 
Krähenfüße rund um das Gebäude - die kleinen Wurfeisen sollen die Reifen
 der zur Verstärkung anrückenden Funkstreifenwagen plattmachen. 
"Das war eine gut organisierte, straff geplante Aktion", hieß es gestern
 in Polizeikreisen. Bilanz der Blitzattacke: Sämtliche Scheiben hielten 
stand, allerdings wurde das Sicherheitsglas stark beschädigt. Auch der 
angezündete Streifenwagen wurde nicht komplett zerstört, da das Feuer 
schnell gelöscht wurde. Den Gesamtschaden bezifferte Polizeisprecher 
Andreas Loepki auf einen "deutlich fünfstelligen Betrag". Verletzt wurde
 niemand. 
Das auf Indymedia veröffentlichte Bekennerschreiben lässt aus Sicht der 
Polizei "keinen Zweifel an der politischen Motivation der Täter". Anlass
 war demnach der zehnte Todestag von Oury Jalloh. Der Asylbewerber aus 
Sierra Leone war festgenommen worden, weil sich Frauen von ihm belästigt
 fühlten und er sich gegen Beamte wehrte. Unter ungeklärten Umständen 
verbrannte er in einer Dessauer Polizeizelle. Das Gedenken daran nutzten
 Linksextremisten nun für einen massiven Angriff auf die Leipziger 
Polizei. "Bulle, dein Duldungsstatus ist aufgehoben und deine 
Aufenthaltserlaubnis erloschen wie das Feuer in dem Streifenwagen hinter
 der Wache", heißt es in dem Bekennertext.
"Das ist eine völlig neue Qualität der Gewalt", sagte gestern 
Polizeipräsident Bernd Merbitz gegenüber der LVZ. "Die Täter nehmen auch
 in Kauf, dass Beamte verletzt werden. Das ist nicht hinnehmbar." Die 
Polizeipräsenz in Connewitz werde deshalb massiv verstärkt. 
Den beiden Polizisten, die an dem Abend Dienst hatten, zollte Merbitz 
seine Hochachtung. Sie werden ärztlich versorgt, sind aber dienstfähig. 
Der Angriff der Vermummten war für beide ein Schock. Dennoch blieben sie
 besonnen. Der Einsatz von Dienstwaffen war keine Option, hieß es 
gestern. 
Trotz der massiven Schäden soll die Dienststelle nicht geschlossen 
werden. "Die Polizeidirektion lässt sich von blindem Hass und nackter 
Gewalt nicht beeindrucken", so Behördensprecher  Loepki. "Die 
Außenstelle des Polizeireviers  Südost bleibt als Anlaufstelle und 
Servicepunkt für Bürger geöffnet."
Inzwischen ermittelt die Kripo wegen schweren Landfriedensbruchs. 
Spezialisten des Landeskriminalamtes sicherten noch am Abend Spuren am 
Tatort. Konkrete Verdachtsmomente soll es aber bislang nicht geben. In 
Sicherheitskreisen wird vermutet, dass hinter dem Angriff eine relativ 
neue Gruppierung steckt, die vor allem eines ist: extrem militant. 
 Zeugenhinweise unter 034196646666.
Das sagen Leser und User
Reaktionen vom LVZ-Lesertelefon: "Wann gibt es die ersten Toten durch die Linksradikalen?", fragte Thomas Große aus dem Waldstraßenviertel. Der 55-Jährige forderte "einen Sternmarsch durch Connewitz", um der linken Gewalt Einhalt zu gebieten. "Die Polizei muss sich Respekt verschaffen", forderte Detlef Krüger (57) aus Sellerhausen-Stünz. Er könne nicht verstehen, dass sich Leipzigs Polizei so "vorführen" lasse. Andere Anrufer erklärten, sie hätten keine Probleme mit Ausländern in Leipzig, dafür aber mit den Randalierern in Connewitz. "Eine verbale Verurteilung durch den Oberbürgermeister reicht nicht aus, hier muss endlich etwas geschehen", so ein 71-jähriger Lößniger. "Wir ehrlichen anständigen Bürger haben die Schnauze voll."
 Ein Rechtsstaat müsse dafür sorgen, dass friedliche Bürger vor Exzessen
 der linksradikalen Szene geschützt werden, erklärten mehrere Anrufer. 
 Reaktionen auf der Facebook-Seite von LVZ-Online: "Ich finde es 
ungeheuerlich, was hier passiert", schrieb "Peter Pani". "Eine 
Polizeiwache angreifen ist kein Dummejungenstreich! Das ist ein Angriff 
auf die Staatsgewalt! In dem Gebäude wohnen außerdem Leute, die (...) 
ernsthaft zu Schaden kommen könnten." "Warum wird die Polizei eigentlich
 immer als Feind betrachtet?", fragte Christiane Walaszek, "kapier ich 
nicht." Daniela Serwill kritisierte: "Wer muss den Schaden bezahlen? Wir
 natürlich, und es ist dabei nicht von Interesse, ob links, rechts oder 
irgendeine andere Gruppierung den Schaden verursacht. Diejenigen, die 
das machen, denken nicht daran und letztendlich ist es denen auch egal. 
Das ist für mich das Schlimme daran." Und Lars Kelvera kommentierte auf 
der LVZ-Facebook-Seite: "Weder Polizeistationen noch Dönerläden, 
Asylantenheime, Moscheen, Kirchen, Wohnungen oder sonstwas sollten 
angegriffen oder Ziel einer politischen, religiösen oder idealistischen 
Bewegung sein. Alles Extreme auf dieser Welt hat den Preis von Leid und 
Zerstörung."
CDU gibt Grünen und Linken Mitschuld an Gewalt Politiker reagieren über Parteigrenzen hinweg mit Empörung auf Angriff gegen Polizeiposten in Connewitz
Von Klaus Staeubert
 Der Anschlag auf den Connewitzer Polizeiposten ist parteiübergreifend 
auf Ablehnung gestoßen. "Dieser Auswuchs von Gewalt gegen eine Gruppe 
der Gesellschaft ist nicht hinnehmbar", erklärte Sachsens Innenminister 
Markus Ulbig (CDU). Der Rechtsstaat werde alles unternehmen, um die 
Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Auch Oberbürgermeister Burkhard Jung 
(SPD) verurteilte die Tat. "Wir lassen uns nicht von Kriminellen 
einschüchtern", sagte er, "wir werden den Polizeiposten so schnell wie 
möglich wieder herrichten." 
Die CDU-Stadtratsfraktion gab der Rathausspitze und besonders dem von Bürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) geführten Ordnungsdezernat eine Mitschuld an der Gewalteskalation und verlangte Konzepte zur Verbesserung der Sicherheit. "Durch jahrzehntelange Duldung und teilweise aktive Förderung durch die Stadtverwaltung konnte in Connewitz ein Klima entstehen, das durch Angst und Gewalt geprägt ist", so Fraktionschef Uwe Rothkegel. Linke und Grüne hätten die Einrichtung des Polizeipostens bereits vor der Eröffnung kritisiert. Rothkegel: "Sie sind die geistigen Wegbereiter für die Gewaltexzesse der letzten Nacht." Namentlich nannte er die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke), die Anti-Polizei-Demos organisiere und mit Vermummten marschiere.
 "Ich finde es total legitim in einer Demokratie, wenn Menschen Kritik 
äußern, auch an der Eröffnung eines Polizeipostens", erwiderte Nagel. 
"Jetzt aber einen Bogen zu schlagen von legalen Demonstrationen zu einem
 gewalttätigen Anschlag, den ich auch verurteile, finde ich schon sehr 
gewagt." Grundsätzlich könne sie nicht erkennen, dass die 
Gewaltbereitschaft in Connewitz und der autonomen Szene zugenommen habe.
 "Ich habe sogar eher das Gefühl, dass es ruhiger geworden ist", so die 
Linkspolitikerin. Den Überfall sieht sie im Zusammenhang mit einer 
Demonstration am selben Tag in Dessau. Nagel: "Es ist dumm so etwas zu 
tun. Die Polizisten, die hier sitzen, haben nichts mit dem Mord an Oury 
Jalloh zu tun." Am 7. Januar jährte sich der Tod des afrikanischen 
Asylbewerbers, der 2005 unter ungeklärten Umständen auf einer 
Polizeiwache ums Leben gekommen war. "Gewalt gegen Sachen oder gar 
Personen - das gilt insbesondere auch gegenüber Polizistinnen und 
Polizisten - lehnen wir als Mittel der politischen Auseinandersetzung 
ab", stellte Volker Külow klar, Vorsitzender der Leipziger Linken.
"Den brutalen und feigen Anschlag auf den Connewitzer Polizeiposten 
verurteilen wir auf das Schärfste", hieß es in einer Erklärung des 
Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion, Axel Dyck. Er begrüßte die 
Ankündigung des Oberbürgermeisters, den Posten so schnell wie möglich 
wieder herzurichten. Die Polizei müsse für die Bürger vor Ort präsent 
bleiben.
"Gewalt ist keine Lösung, man muss den Dialog suchen", so Leipzigs 
Grünen-Vorsitzende Christin Melcher. "Dass eine Polizei da ihre Station 
hat, ist überhaupt nicht kritisch zu sehen." Sie appellierte an beide 
Seiten, Autonome wie Staatsorgane, über Strategien zur Deeskalierung 
nachzudenken. 
