Leipzig. Der Terroranschlag von Paris könne nicht einfach als Rechtfertigung für die islamkritische Bewegung Pegida gesehen werden. Bei der hiesigen Bewegung spielten vielmehr soziale Konflikte wie die fehlende Integration von Migranten in Deutschland eine Rolle, so Oliver Decker, Leiter des Leipziger Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus und Demokratieforschung am Donnerstag im Gespräch mit LVZ-Online. In Expertenrunden gehe man aber auch davon aus, dass Pegida jetzt erst einmal gestärkt werde.
Am Mittwoch hatten zwei Vermummte mit Kalaschnikows das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ gestürmt. Die Terroristen riefen während des Anschlags „Allah ist groß“ und „Wir haben
 den Propheten gerächt“. Zwölf Menschen starben. Der stellvertretende 
AfD-Bundesvorsitzende Alexander Gauland hatte nach dem Anschlag die 
„Sorgen der Menschen vor einer drohenden Gefahr durch Islamismus“ 
bestätigt gesehen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf der AfD 
daraufhin „übelste Demagogie“ vor.
Der Extremismus-Experte Decker
 warnte davor, dass Pegida soziale Konflikte religiös auflade. Die 
Volks- oder Religionszugehörigkeit von Menschen sei nicht an sich 
entscheidend, sondern wie man im Ankunftsland mit ihnen umgehe. Auch 
international sei der Islam erst seit den 1980ern von Staaten wie dem 
Iran als Begründung für politisches Handeln genutzt worden. Diese 
Entwicklung sei im Zusammenhang mit westlicher Politik im Nahen Osten zu
 verstehen.
Integration von Migranten fördern
Mit
 Blick auf die aktuelle Entwicklung in Dresden und anderen deutschen 
Städten sagte Decker: „Pegida hat vor allem mit der politischen Kultur 
in unserem eigenen Lande zu tun.“ Die Integration von Migranten müsse 
gefördert werden. „Wir brauchen mehr aktive Angebote.“ Bei den 
Sprachkursen habe das Land in den vergangenen Jahren einiges nachgeholt.
 Auch an der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen müsse man 
festhalten. 
Ein Problem bleibe, dass Migranten keine politische 
Teilhabe hätten, so Decker weiter. Wenn die Möglichkeit versagt bleibe, 
das politische Geschehen mitzugestalten, bilde das den Nährboden für 
Radikalisierungen.
Legida nicht mit Dresden vergleichbar
Zum Leipziger Ableger Legida, der am kommenden Montag erstmals auf die Straße gehen wird, äußerte sich Decker verhalten. Mit der stärkeren linken und linksliberalen Wählerschaft in 
der Stadt könne sich das Bild anders als in Dresden gestalten. Decker 
stellte auch fest: „In der sächsischen Landespolitik wäre in den 
vergangenen Jahren eine deutlichere Abgrenzung gegenüber rassistischen 
Überzeugungen wünschenswert gewesen.“ Manche relativierende 
Stellungnahmen, wie etwa zu Mügeln, sei wohl kaum aus Neigung, 
vielleicht aber aus Kalkül mit Blick auf Wählerstimmen geschehen. 
Das
 Pegida-Phänomen sei nicht vorübergehend, schätzte Decker ein. „Die 
Entwicklung hängt davon ab, wie stark sich die Bewegung 
institutionalisieren kann“, so Decker. Der Vorstoß der AfD zu Gesprächen
 mit Pegida sei dazu vielleicht ein erstes Angebot.
