Gegenwehr mit großer Kehraus-Aktion / VW-Manufaktur schaltet aus Protest Licht aus
von Hauke Heuer, Jörg Schurig und Ralf Hübner
Dresden/Köln/Berlin. Die anti-islamische Pegida-Bewegung stößt
bundesweit auf wachsenden Widerstand, bekommt aber in Dresden immer mehr
Zulauf. Hier demonstrierten gestern Abend laut Polizei rund 18000
Pegida-Anhänger gegen eine angebliche "Überfremdung" - so viele wie nie
zuvor. Zunächst hatte die Polizei von nur 10000 Demonstranten
gesprochen, korrigierte im Laufe des Abends jedoch die Angaben.
Die Strömung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes" ist nur in Dresden so stark. In zahlreichen Städten gingen
mehrere Zehntausend Menschen für ein weltoffenes Deutschland auf die
Straße. In Dresden und Berlin waren es jeweils rund 5000, in Münster
fast 10000, in Stuttgart 8000, und in Hamburg 4000, die gegen
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus protestierten. In Köln sorgten
Tausende Menschen für den Abbruch eines Pegida-Zuges. Aus Protest wurde
der weltberühmte Dom verdunkelt. Auch am Wahrzeichen Berlins, dem
Brandenburger Tor, ging das Licht aus, um Pegida keine Kulisse zu
bieten. In Dresden drehte VW das Licht in seiner gläsernen Manufaktur
ab. "Volkswagen steht für eine offene, freie und demokratische
Gesellschaft", teilte der Konzern mit. Diesen Grundsatz wolle man mit
der Verdunklungsaktion unterstreichen.
Kurz vor der mittlerweile elften Pegida-Demonstration hatte das Bündnis
"Dresden für alle" bei einer Gegenveranstaltung unter dem Motto "Komm
her, wir reden! Probleme wirklich anpacken!" die Pegida-Anhänger zum
Gespräch aufgefordert. Unter den Teilnehmern waren auch die sächsische
Ministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping (SPD), und
andere Politiker von Linken, SPD und Grünen. Die Gegendemonstranten
machten den Pegida-Teilnehmern erstmals konkrete Gesprächsangebote. Nahe
des Pegida-Sammelplatzes wurde dabei zum Gespräch eingeladen und
tatsächlich vereinzelt kontrovers diskutiert.
Teilnehmer der Pegida-Demonstration riefen neben dem Slogan "Wir sind
das Volk" auch wieder "Lügenpresse, Lügenpresse!". Verweise auf die
Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurden mit
lauten Buh- rufen quittiert. Das Organisationskomitee von Pegida, das
morgen im Landtag einer Einladung zu Gesprächen mit der AfD-Fraktion
folgen will, hat gestern seinerseits Sachsens Ministerpräsident
Stanislaw Tillich (CDU) eingeladen, auf einer ihrer Kundgebungen zu
sprechen. Eine Reaktion stand am Abend noch aus.
Für die augenfälligste Gegenwehr in Dresden sorgten am Abend eine
Blaskapelle und eine Reggaeband. "Banda Communale" und "Yellow Umbrella"
hatten dazu aufgerufen, mit Warnwesten und Besen nach der
Abschlusskundgebung zur symbolischen Reinigung aufzulaufen. "Wir wollen
mit der Aktion nicht symbolisch den ,Dreck rauskehren', sondern mit
Vorurteilen aufräumen, für die es in dieser Gesellschaft keinen Platz
geben darf", sagte Micha\u0142 Tomaszewski von "Banda Communale" dieser
Zeitung. Nach einem Spontankonzert auf dem Postplatz zogen die Feger zur
Bürgerwiese am Dresdner Hygienemuseum.