Illegale Silvester-Demo: Linken-Abgeordnete an der Spitze

Erstveröffentlicht: 
03.01.2015

Juliane Nagel und Marco Böhme marschieren mit vermummten Gewalttätern - warum?

 

Von Frank Döring
Etwa 300 Linke ziehen teilweise vermummt durch Connewitz, einige schleudern Flaschen gegen den Polizeiposten und Einsatzfahrzeuge: Die vermeintlich spontane Demo in der Silvesternacht trübte das Bild vom friedlichen Jahreswechsel (die LVZ berichtete). In vorderster Reihe marschierten auch zwei Landtagsabgeordnete der Linken: Juliane Nagel (36) und Marco Böhme (24).


"Ich hatte nach den Erfahrungen der letzten Jahre das Gefühl, dass solche Spontandemos deeskalierend wirken", erklärte Juliane Nagel gestern auf LVZ-Anfrage. Diese Zielsetzung wurde bekanntlich verfehlt. Nach den Attacken auf die Polizeidienststelle stufte die Versammlungsbehörde den Aufzug als gewalttätig ein. Die Polizei löste die Demo auf und nahm drei mutmaßliche Randalierer kurzzeitig fest. Immerhin waren keine Verletzten zu beklagen und auch größere Schäden blieben aus.


"Leider haben sich auch Leute angeschlossen, die vermummt waren und mit Flaschen geworfen haben", räumte Nagel ein. "Man hat nicht alle Leute im Griff." Doch weshalb setzten sich die beiden Parlamentarier dennoch an die Spitze des latent gewaltbereiten Zuges? "Es ist ein schmaler Grat", erklärte Nagel, die in der Landtagsfraktion Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik ist. "Man fühlt sich dem Anliegen politisch verbunden." In einer Internetveröffentlichung bezeichnete sie die Aktion in der Silvesternacht als "klare Kante gegen die rassistischen und nationalistischen Pegida-Aufmärsche". Die seit 2010/11 jährlich stattfindenden Spontandemos hätten sich "zu einer Art Ritual entwickelt" und würden "dem böllernden Zusammenkommen eine wohltuend politische Note verleihen".


Gleichwohl war die erprobte Demo-Veranstalterin im konkreten Fall nicht bereit, einen Aufzug für die Silvesternacht anzumelden. Das Ordnungsamt habe bei ihr bereits im November angefragt, ob zum Jahreswechsel in Connewitz etwas geplant sei und vielleicht eine Anmeldung dafür erfolgen könne. "Aber ich hatte nicht den Plan, eine Demo zu veranstalten", so Nagel. "Ich würde als Versammlungsleiterin auch nicht die Verantwortung übernehmen wollen, weil man bestimmte Leute eben nicht steuern kann." Das war wohl eine kluge Entscheidung. Denn die bloße Teilnahme an dem gewaltsamen Umzug hat für beide Landtagsabgeordnete keine rechtlichen Konsequenzen, teilte die Polizei auf Nachfrage mit.


Auch Böhme wollte für die Spontandemo nicht die Versammlungsleitung übernehmen. Er habe aber in der Kommunikation zwischen Demonstranten und Polizei vermittelt, so Nagel. Für ein Statement war der Fraktionssprecher für Klimaschutz, Energie und Mobilität gestern nicht zu erreichen. Auf seiner Facebook-Seite postete er ein kurzes Fazit der Silvesternacht. "Wir wollten eigentlich auf ein repressionsfreies Jahr 2015 anstoßen, doch die völlig überforderte Polizei hat es nicht ermöglicht. Naja. Wir haben zumindest die freie Republik Connewitz ausgerufen. Alles Gute!"