Juliane Nagel und Marco Böhme marschieren mit vermummten Gewalttätern - warum?
Von Frank Döring
 Etwa 300 Linke ziehen teilweise vermummt durch Connewitz, einige 
schleudern Flaschen gegen den Polizeiposten und Einsatzfahrzeuge: Die 
vermeintlich spontane Demo in der Silvesternacht trübte das Bild vom 
friedlichen Jahreswechsel (die LVZ berichtete). In vorderster Reihe 
marschierten auch zwei Landtagsabgeordnete der Linken: Juliane Nagel 
(36) und Marco Böhme (24). 
 "Ich hatte nach den Erfahrungen der letzten Jahre das Gefühl, dass 
solche Spontandemos deeskalierend wirken", erklärte Juliane Nagel 
gestern auf LVZ-Anfrage. Diese Zielsetzung wurde bekanntlich verfehlt. 
Nach den Attacken auf die Polizeidienststelle stufte die 
Versammlungsbehörde den Aufzug als gewalttätig ein. Die Polizei löste 
die Demo auf und nahm drei mutmaßliche Randalierer kurzzeitig fest. 
Immerhin waren keine Verletzten zu beklagen und auch größere Schäden 
blieben aus.
"Leider haben sich auch Leute angeschlossen, die vermummt waren und mit 
Flaschen geworfen haben", räumte Nagel ein. "Man hat nicht alle Leute im
 Griff." Doch weshalb setzten sich die beiden Parlamentarier dennoch an 
die Spitze des latent gewaltbereiten Zuges? "Es ist ein schmaler Grat", 
erklärte Nagel, die in der Landtagsfraktion Sprecherin für Flüchtlings- 
und Migrationspolitik ist. "Man fühlt sich dem Anliegen politisch 
verbunden." In einer Internetveröffentlichung bezeichnete sie die Aktion
 in der Silvesternacht als "klare Kante gegen die rassistischen und 
nationalistischen Pegida-Aufmärsche". Die seit 2010/11 jährlich 
stattfindenden Spontandemos hätten sich "zu einer Art Ritual entwickelt"
 und würden "dem böllernden Zusammenkommen eine wohltuend politische 
Note verleihen". 
Gleichwohl war die erprobte Demo-Veranstalterin im konkreten Fall nicht 
bereit, einen Aufzug für die Silvesternacht anzumelden. Das Ordnungsamt 
habe bei ihr bereits im November angefragt, ob zum Jahreswechsel in 
Connewitz etwas geplant sei und vielleicht eine Anmeldung dafür erfolgen
 könne. "Aber ich hatte nicht den Plan, eine Demo zu veranstalten", so 
Nagel. "Ich würde als Versammlungsleiterin auch nicht die Verantwortung 
übernehmen wollen, weil man bestimmte Leute eben nicht steuern kann." 
Das war wohl eine kluge Entscheidung. Denn die bloße Teilnahme an dem 
gewaltsamen Umzug hat für beide Landtagsabgeordnete keine rechtlichen 
Konsequenzen, teilte die Polizei auf Nachfrage mit.  
Auch Böhme wollte für die Spontandemo nicht die Versammlungsleitung 
übernehmen. Er habe aber in der Kommunikation zwischen Demonstranten und
 Polizei vermittelt, so Nagel. Für ein Statement war der 
Fraktionssprecher für Klimaschutz, Energie und Mobilität gestern nicht 
zu erreichen. Auf seiner Facebook-Seite postete er ein kurzes Fazit der 
Silvesternacht. "Wir wollten eigentlich auf ein repressionsfreies Jahr 
2015 anstoßen, doch die völlig überforderte Polizei hat es nicht 
ermöglicht. Naja. Wir haben zumindest die freie Republik Connewitz 
ausgerufen. Alles Gute!"
