5600 Gegendemonstranten fordern weltoffene Stadt und Toleranz in der Asylpolitik
Dresden/Leipzig. Trotz der bundesweiten Kritik verzeichnet das rechtspopulistische Pegida-Bündnis weiter Zulauf. Laut der Polizei folgten gestern Abend in Dresden rund 15000 Menschen dem Demonstrationsaufruf der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) und gingen unter anderem gegen eine angebliche Überfremdung sowie für ein schärferes Asylgesetz auf die Straße. Es war die neunte und bisher größte Pegida-Demonstration in Folge. Am Montag vor einer Woche waren in Dresden mehr als 10000 Pegida-Teilnehmer gezählt worden.
 An Gegenkundgebungen, zu denen die Bündnisse "Dresden für alle" und 
"Dresden Nazifrei" aufgerufen hatten, beteiligten sich gestern laut der 
Polizei mehr als 5600 Menschen. Sie demonstrierten für Weltoffenheit und
 Toleranz. Dem Marsch vom Bahnhof Neustadt zur Semperoper schlossen sich
 auch die Grünen-Bundesvorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir an. 
In Zusammenhang mit der Dresdner Mobilisierung rief Bundeskanzlerin 
Angela Merkel (CDU) die Bürger auf, die Ziele der Anti-Islam-Bewegung 
Pegida kritisch zu hinterfragen. Jeder Teilnehmer der Kundgebungen müsse
 "aufpassen,  dass er nicht von den Initiatoren solcher Veranstaltungen 
 instrumentalisiert wird", sagte Merkel. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang
 Thierse (SPD) rief Politiker auf, auf die demonstrierenden 
Pegida-Anhänger zuzugehen. Die Politik müsse besser erklären, "warum wir
 Zuwanderung brauchen". Neonazis müssten energisch bekämpft werden, doch
 man könne nicht Zehntausende kriminalisieren, sagte er im 
Deutschlandfunk mit Blick auf die teils nachdrückliche Kritik seiner 
Parteikollegen an den Pegida-Märschen. 
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte die Demos als "Schande für Deutschland" bezeichnet. "So einfach ist die Antwort nicht", so Thierse. Auf "Entheimatungsängste" und Ängste, die der islamistische Terror erzeuge, müsse eingegangen werden. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte die Nähe der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) zu Pegida. "Sorge bereitet mir, dass AfD-Funktionäre sich mit den Pegida-Protesten solidarisieren", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Unter den Dresdner Pegida-Demonstranten war gestern auch Alexander Gauland, AfD-Landespartei- und Fraktionschef in Brandenburg.
 Nachdem sich immer mehr abzeichnet, dass die Demos nicht auf Dresden 
beschränkt bleiben, formiert sich besonders in Leipzig Widerstand gegen 
den Pegida-Ableger "Legida". "Wir werden in Leipzig am 12. Januar eine 
breite Gegenbewegung auf die Beine stellen", sagte Oberbürgermeister 
Burkhard Jung (SPD) der LVZ. Er reagierte auf eine angekündigte 
"Legida"-Demonstration. Er rufe die Leipziger dazu auf, deutlich zu 
zeigen, dass "wir zu dem Recht auf Asyl stehen". Jung: 
"Selbstverständlich werde ich mich einreihen." Leipzig sei seit 1000 
Jahren eine offene und gastfreundliche Stadt, der es so gut wie nie seit
 1989 gehe. "Wer jetzt Ausländerhass und Intoleranz schürt, der setzt 
diese ausgesprochen gute Entwicklung mutwillig aufs Spiel", sagte der 
OBM.
