Leipzig. Der Leipziger Medizinprofessor Felix Skutsch wurde von den Nazis in das KZ-Theresienstadt deportiert und entrann dort nur knapp dem Tod. Obwohl sein Leben eng mit Stadt und Universität verbunden war, fehlte bis gestern ein öffentlicher Erinnerungsort an Arzt.
Seine Grabstätte war von der Universität aufgegeben worden, eine ihm 
gewidmete Tafel, die im früheren Domizil der Frauenklinik in der 
Philipp-Rosenthal-Straße hing, landete in einer Abstellkammer: "Im 
öffentlichen Raum gab es keinen Erinnerungsort mehr an Professor Felix 
Skutsch, obwohl sein Leben und Werk tief mit der hiesigen 
Universitätsmedizin und der Stadtgesellschaft verbunden sind", meinte 
gestern Gabriele Pretzsch bei einem ehrenden Gedenken an jenen Mann, der
 von den Nazis in das KZ-Theresienstadt deportiert worden war und nur 
knapp dem Tode entrann, während seine Frau dort starb.
Pretzsch, 
Oberärztin an der Uni-Frauenklinik, wollte es nicht dabei bewenden 
lassen, dass Skutsch (1861-1951) in Vergessenheit gerät und engagierte 
sich für ein gegenwärtiges Erinnern in Form einer Bronzetafel, die bei 
der gestrigen Zusammenkunft auf dem Südfriedhof enthüllt wurde. In 
würdiger Nachbarschaft zu den denkmalgeschützten Gräbern des namhaften 
Internisten Heinrich Curschmann und des Begründers der experimentellen 
Psychologie, Wilhelm Wundt, ist die von der Gießerei Noack gefertigte 
Tafel platziert. Sie danke allen, die mit Spenden und anderweitiger 
Unterstützung dazu beigetragen haben, dass "wir hier und heute diese 
Stätte einweihen können", meinte Pretzsch. Besonders freue sie sich, 
dass mit Professorin Lotte Schlegel und Professor Gottfried Geiler zwei 
Emeriti gekommen seien, die Skutsch noch persönlich kennen- und 
schätzengelernt hätten.
 Auf seine Zeit als Medizinstudent 
zurückblickend, erklärte Geiler, die fachliche Kompetenz und die 
Persönlichkeit von Skutsch hätten ihn 1948 bei den Lehrveranstaltungen 
zur Geburtshilfe tief beeindruckt. "Er war uns väterlich zugewandt, hat 
aber nie von seinem Schicksal erzählt." Erst allmählich habe sich 
herumgesprochen, welchen Leidensweg Skutsch unter der Nazi-Herrschaft 
durchmachen musste.
 Seine Biografie zeichnete gestern 
Professorin Ingrid Kästner nach, die auch im Ruhestand noch als freie 
Mitarbeiterin des hiesigen Carl-Sudhoff-Institutes für Geschichte der 
Medizin und der Naturwissenschaften aktiv ist. Skutsch stammte aus 
Königshütte in Oberschlesien, studierte in Breslau Medizin, ging als 
junger Arzt an die Uni-Frauenklinik in Jena, wo er habilitierte. 1903 
wechselte er nach Leipzig, übernahm an der Uni einen Lehrauftrag für 
Geburtshilfe und führte eine Privatpraxis. Sein Ruf als Gynäkologe war 
ausgezeichnet, doch nach der braunen Machtübernahme wurde ihm wegen 
"nichtarischer Abstammung" im Herbst 1933 die Lehrbefugnis genommen. Es 
folgten Diskriminierungen und Demütigungen, 1938 wurde ihm die 
Approbation entzogen. Ins sogenannte Judenhaus in der Färberstraße 11 
wurde das Ehepaar Skutsch schließlich verbannt und im März 1944 ins 
Konzentrationslager Theresienstadt gebracht, das Helene Skutsch nicht 
überlebte.
 Obwohl schon hochbetagt, folgte Felix Skutsch nach 
dem Krieg der Bitte der medizinischen Fakultät, wieder einen Lehrauftrag
 zu übernehmen und machte das mit Leidenschaft. Im Januar 1951 wurde er 
anlässlich seines 90. Geburtstags mit einem akademischen Festakt geehrt,
 er war damals der älteste deutsche Professor im Amt. "Ich klage nicht 
über das, was ich verloren habe, ich freue mich an dem, was mir 
geblieben ist", so Skutsch. Wenige Tage später starb er.
