Das Massaker von Iguala Am 26. September 2014 wurden 43 Studierende der pädagogischen Fachschule von Ayotzinapa im mexikanischen Bundesstaat Guerrero nach einer Protestaktion in der Stadt Iguala gemeinsam von Drogenkartellen und Polizei verschleppt. Die Polizei erschoss dabei 3 weitere Studierende und 3 Passant_innen. Es wird befürchtet, dass auch die 43 Verschleppten ermordet wurden. Von ihnen fehlt jedoch bisher jede Spur. Es wurden zwar in der Nähe mehrere Massengräber gefunden – die dortigen Leichen sind allerdings andere Opfer der „guten“ Zusammenarbeit zwischen organisiertem Verbrechen und Staatsapparat. (mehr zum Massaker und den Hintergründen hier)
(Artikel mit Fotos und Videos auf der Alerta-Website)
Mexiko verwandelt sich seit 2006 in ein Massengrab
Die
6 Toten und 43 Verschleppten von Iguala sind bei weitem nicht die
einzigen Opfer. Die systematische Gewalt gegen die mexikanische
Bevölkerung ist aktuell einer der blutigsten Konflikte weltweit: Seit
dem Beginn des vom damaligen Präsidenten Calderón ausgerufenen „Kriegs
gegen die Drogen“ zählen unabhängige Analysen mehr als 130.000 Tote und
26.000 Verschwundene – die meisten sind Zivilisten, viele von ihnen
soziale Aktivist_innen. Kaum ein Täter wurde je gefasst oder verurteilt.
Denn der Staat kämpft nur vorgeblich und völlig uneffektiv gegen die Kartelle. Politik und Drogenmafia arbeiten an vielen Stellen eng zusammen. Beiden geht es dabei um die Kontrolle des Landes und seiner Reichtümer sowie um die Einschüchterung der Bevölkerung.
Viele Menschen in Mexiko wehren sich
Während
die mexikanische Regierung voller Arroganz und Herzlosigkeit ihre
üblichen Floskeln und Lügen verbreitet, war das Massaker für viele
Mexikaner_innen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Seit
Wochen protestieren überall in Mexiko hunderttausende Menschen gegen die
verantwortlichen Politiker_innen und die allgegenwärtige Zusammenarbeit
von Staat und Drogenkartellen. Mexiko erlebt momentan die größten
Proteste, Streiks und Aktionen seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten.
Angeführt von den Familien und Mitstudierenden der Opfer fanden bereits
mehrere Massen-Demonstrationen in Guerrero und Mexiko-Stadt statt,
parallel gab es in ganz Mexiko und weltweit Kundgebungen und Aktionen (1. Video ansehen - 2. Video ansehen). In
San Cristóbal/Chiapas etwa demonstrierten 20.000 Zapatistas. Viele
junge Menschen gehen auf die Straße, normale Bürger, unabhängige
Gewerkschaften, Basis-Bewegungen und Prominente schließen sich an. Viele
Studierende und Lehrende im ganzen Land streiken. Rathäuser, Radio- und
Fernsehstationen wurden besetzt, Straßen blockiert. Für den 5.11. sind
erneut große Demos und ein nationaler Studierenden-Streik angekündigt.
Forderung nach radikalen Veränderungen
Während
die Regierung versucht, das Problem als lokal begrenzt darzustellen,
kommen im ganzen Land täglich neue Akte von Polizeigewalt und Willkür,
Massengräber und Verbindungen zwischen Politiker_innen und Mafia ans
Licht – ein Elend, das ohnehin seit mehreren Jahren zur Alltagserfahrung
vieler Mexikaner_innen gehört. Viele Menschen haben nun genug, ihr
Vertrauen in die staatlichen Institutionen und politischen Parteien
haben sie verloren. Sie fordern den Rücktritt der Regierung und eine
radikale Veränderung des politischen Systems.
Solidarität mit den Opfern des Staatsterrors in Mexiko!
Wir
trauern um die Toten. Wir wollen unsere Solidarität mit den Opfern des
staatlich geförderten Terrors in Mexiko zeigen. Ihren Angehörigen und
allen Menschen in Mexiko wollen wir Mut und unsere Unterstützung senden,
dieses Unrechtssystem und seine Gewalt zu beenden.
Schluss mit der deutschen Unterstützung für das Morden!
Aber wir können mehr tun: Die EU und die Bundesregierung pflegen engste wirtschaftliche und sicherheitspolitische Beziehungen
zum mexikanischen Staat. Gut möglich, dass die Studierenden auch mit
deutschen Waffen ermordet wurden: Das UnternehmenHeckler & Koch
liefert mit Genehmigung der deutschen Regierung Sturmgewehre an die mexikanische Polizei - mit diesen wurden bereits vor 3 Jahren 3 Studierende der selben Hochschule ermordet. Darüber hinaus steht die Bundesregierung kurz davor, ein „Sicherheitsabkommen“ mit Mexiko
zu unterzeichnen – auch um die Polizeikooperation zu verbessern. Die
deutsche Regierung macht sich damit zum Komplizen von Gewalt und
Unterdrückung. Außerdem läuft momentan die Neuverhandlung des „Globalabkommen“ zwischen Mexiko und der EU.
Wir fordern daher von EU und Bundesregierung:
- Keine weitere Zusammenarbeit mit dem terroristischen Unrechtsregime in Mexiko!
- Kein „Sicherheitsabkommen“ und kein neues „Globalabkommen“!
- Bedingungslose Unterstützung der Opfer sowie der mexikanischen Bevölkerung, die sich gegen die Gewalt wehrt!
Unterschreibt hier die Forderung an die Bundesregierung: Keine Zusammenarbeit mit der mexikanischen Polizei!
¡Alerta! – Lateinamerika Gruppe Düsseldorf
Weitere Infos:
- Nachrichtenportal Chiapas98 (bei „Suche“ z.B. „Iguala“ eingeben)
- Blog des Mexiko-Redakteurs der taz Wolf-Dieter Vogel
- Artikel des Jura-Professors J.M. Ackermann in der Süddeutschen Zeitung zum „Sicherheitsabkommen“ zwischen Deutschland und Mexiko
- Analyse- und Hintergrundartikel des Mexiko-Experten Philipp Gerber
- Artikel im Magazin „New Yorker“ – Crisis in Mexico: Could Forty-Three Missing Students Spark a Revolution?