Der "NSU-Prozess" in München dauert schon über ein Jahr und Untersuchungsausschüsse haben tausende Seiten vorgelegt. Es ist sehr deutlich geworden, was wir uns davon NICHT erhoffen können: Aufklärung, Gerechtigkeit und ein Ende rassistischer Gewalt. Deswegen ist es an uns laut zu werden!
Was wir wissen: ein Netzwerk bewaffneter Neonazis konnte 13 Jahre lang in Deutschland zahlreiche Menschen durch Bombenanschläge verletzen und mindestens zehn Menschen ermorden. Der Verfassungsschutz war ihr mächtigster Unterstützer. Die Polizei verdächtigte nach jedem Anschlag auf rassistische Weise die Ermordeten und ermittelte gegen ihre Familien und die Verletzten. Spuren ins rechte Milieu wurden systematisch ignoriert und verwischt. Nach der sog. Selbstenttarnung des NSU, wurden in mehreren Verfassungsschutzämtern bergeweise Akten unzugänglich gemacht.
Was wir sehen: Der Staat zeigt keinen Aufklärungswillen, der angemessen für die Angehörigen wäre. Er zieht keine Konsequenzen, um rassistische Gewalt in Zukunft zu verhindern. Beamt_innen und V-Leute lügen vor Gericht. Trotzdem werden dem Verfassungsschutz noch mehr Kompetenzen eingeräumt. Die Menschen hingegen, die von der Gewalt des NSU betroffen sind, erhalten von Staat und Gesellschaft keine angemessene Unterstützung.
Und es bleiben offene Fragen: Wer gehört alles zum NSU-Netzwerk? Was ist mit den Täter_innen, die bisher nicht vor Gericht stehen? Seit Bekanntwerden des NSU wurden 220 Straftaten registriert, in denen die Täter_innen sich ausdrücklich auf den NSU beziehen – gehen die Anschläge und Morde ungehindert weiter?
In diesen Tagen werden in Deutschland Brandanschläge und Angriffe auf Moscheen und Synagogen, auf Wohnhäuser von Migrant_innen und People of Color verübt. Geflüchtete werden in Lagern untergebracht und gefoltert. Ihre Proteste gegen rassistische Asylpolitik werden niedergeschlagen, kriminalisiert und ausgehungert. Asylgesetze werden weiter verschärft. Von deutschen Behörden mitgetragener Rassismus tötet in Polizeizellen, wie in Dessau, in Abschiebegefängnissen, an den EU-Außengrenzen und überall dort, wo Waffen made in Germany ein lukratives Geschäft sind.
All das ist möglich, weil in Deutschland so getan wird, als würde es Rassismus nur
am rechten Rand geben. Doch viele Menschen erleben jeden Tag Rassismus: durch Blicke,
Beleidigungen, körperliche Angriffe, durch Diskriminierung in der Schule, durch
systematische Erniedrigung und Gewalt in Behörden wie der Ausländerbehörde und durch
die Polizei.
Lasst uns dagegen gemeinsam auf die Straße gehen! Tragen wir unsere Wut, Trauer,
Solidarität und unseren Widerstand gemeinsam in die Öffentlichkeit! Rassismus in
Deutschland wird viel zu oft von der weißen Mehrheitsgesellschaft* ignoriert, gedeckt
und verschwiegen – wir schweigen nicht!
Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gelten den vom NSU Ermordeten und Verletzten, ihren Angehörigen und allen Betroffenen rassistischer Gewalt. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen Geflüchteter nach einer Abschaffung der rassistischen Asylpolitik. Wir gehen auf die Straße für eine emanzipierte Gesellschaft ohne Rassismus und Ausbeutung.
Wir gedenken Abdurrahim Özüdogru, Enver Simsek, Habil Kiliç, Halit Yozgat, Ismail Yasar, Mehmet Kubasik, Mehmet Turgut, Süleyman Tasköprü und Theodoros Boulgarides.
Rassismus tötet! Deshalb fordern wir:
++ Einrichtung eines unabhängigen Kontrollgremiums zur Bekämpfung von Rassismus in staatlichen Institutionen! ++ Straßenumbenennungen im Sinne der Angehörigen der Ermordeten! + + Lückenlose Aufdeckung der Kooperation staatlicher Institutionen mit dem NSU-Netzwerk! ++ Abschaffung aller Geheimdienste! ++ Abschiebungen stoppen, Abschaffung der Lager und Bleiberecht für alle! ++ Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze! ++ Racial Profiling stoppen! ++
AKEBI e.V. -- Allmende e.V.* -- andere zustände ermöglichen -- Antirassistische Initiative (ARI) -- Bündnis gegen Rassismus -- Café Cralle -- DIDF-Berlin -- DurDe! Deutschland -- GLADT e.V. -- Hände weg vom Wedding! -- Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B. -- Lesbenberatung Berlin e.V. -- Migrantengruppe Wedding -- Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V. -- ReachOut
Auftakt: Gesundbrunnen / Hanne-Sobek-Platz