Eine Partei zerfleischt sich selbst: Im Vorstand der AfD sind bei ihrem Parteitag unüberbrückbare Differenzen offen zutage getreten. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Landespolitik rückte in weiter Ferne.
Konflikte innerhalb der baden-württembergischen Führungsspitze haben den
 Landesparteitag der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD)in 
Kirchheim unter Teck bestimmt. Hintergrund sind Grabenkämpfe im 
13-köpfigen Landesvorstand. Dessen Mitglieder werfen sich gegenseitig 
Intrigen, Lügen und Indiskretionen vor. Der Landesvorstand stellte sich 
am Samstag Misstrauensvoten und Abwahlanträgen. Der Parteitag wurde 
begleitet von Protesten gegen das Treffen der aus Sicht von Kritikern 
rechtspopulistischen Partei. Dabei wurden AfD-Landeschef Bernd Kölmel 
und sein Ko-Sprecher Jens Zeller in ihren Ämtern bestätigt. Das 
bisherige Vorstandsmitglied Heinrich Fiechtner hingegen trat im Verlauf 
des Parteitags von seinem Amt zurück.
Kölmel bestand ein Misstrauensvotum mit 60 Prozent Zustimmung. 36 
Prozent der Mitglieder lehnten ihn ab, vier Prozent enthielten sich. 
Gegen eine Abwahl von Zeller wandten sich 59 Prozent, 35 Prozent 
votierten dafür und sechs Prozent enthielten sich. Zuvor hatte Zeller 
betont:"Wir müssen den Gegner in anderen Parteien verorten, nicht in den
 eigenen Reihen." Die inhaltliche politische Arbeit müsse unbedingt 
verstärkt werden.
Zuvor hatte Kölmel vor rund 400 Mitgliedern dafür plädiert, die beiden 
Vorstandsmitglieder Heinrich Fiechtner und Harry Behrens abzuwählen. Er 
habe keine Lust mehr, einen Großteil seiner Zeit darauf zu verwenden, 
Konsens in dem Gremium herzustellen. Der Dissens in der Führungsspitze 
dürfe kein Dauerzustand werden. "Wir sind hier kein Kindergarten." Ein 
Parteimitglied äußerte sich entsetzt, dass Kölmel zwei Parteifreunde aus
 dem Vorstand zu drängen versuche:"Sind wir bei einer demokratischen 
Partei oder bei einer Partei, die wir geschichtlich überwunden haben?" 
Ein weiteres Mitglied sagte:"Das ist doch nicht Politik. Das ist eine 
Säuberungsaktion." Dafür erntete er viel Applaus. Der Stuttgarter 
AfD-Stadtrat Fiechtner selbst betonte, er sei maßgeblich für inhaltliche
 Schwerpunkte seiner Partei verantwortlich, insbesondere zur grün-roten 
Bildungspolitik. Nach dem Misstrauensvotum trat Fiechtner jedoch als 
Vorstandsmitglied der AfD-Landespartei zurück. Dabei stimmten 60 Prozent
 gegen den Verbleib des Mediziners in dem 13-köpfigen Gremium und 35 
Prozent dafür, fünf Prozent enthielten sich.
Die Partei will nach ihren Wahlerfolgen in Ostdeutschland 2016 auch in 
den baden-württembergischen Landtag einziehen und wollte in Kirchheim 
ihre Marschroute diskutieren. Zunächst beschäftigten sich die Mitglieder
 allerdings mit Abstimmungen etwa zur Besetzung des Tagungspräsidiums 
und zur Bild- und Tonaufzeichnung. Bei der Europawahl 2014 hatte die AfD
 in Baden-Württemberg mit ihren derzeit 3000 Mitgliedern 7,9 Prozent der
 Stimmen erhalten. Das war der dritthöchste Wert in den westdeutschen 
Flächenländern. Im Bundesschnitt kam die Partei auf 7,1 Prozent.
Mehr als 50 Demonstranten versammelten sich am Morgen im Ortszentrum von
 Kirchheim, um der aus ihrer Sicht rechtspopulistischen, rassistischen 
und homophoben Partei Paroli zu bieten. Für ein Bündnis unter anderem 
aus Antifaschisten, Linken und Jusos sagte Wolfgang Scholz vom Deutschen
 Gewerkschaftsbund:"Die AfD gibt sich als Biedermann, ist aber 
Brandstifter." Mit einem Pfeifkonzert und den Worten "Haut ab" zeigten 
die Kritiker ihren Unmut mit der zweitägigen AfD-Zusammenkunft.
			
				
