Kommentar zum Polizeieinsatz auf dem Ölberg
Von Nicole Bolz
Innerhalb von zwei Wochen wurde der Ölberg am Freitagabend erneut zum Schauplatz einer Auseinandersetzung zwischen Autonomen und der Polizei. Wieder versuchte eine Gruppe Autonomer ein seit Jahren leer stehendes Haus an der Marienstraße zu besetzen, um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Wieder erschien die Polizei in Übermacht, um dagegen vorzugehen.
Nun geht es im Fall einer Hausbesetzung für die Polizei nicht um 
Inhalte. Sie ist laut Gesetz dazu verpflichtet, einzugreifen und ihren 
Job zu machen – auch um Straftaten zu verhindern. Was jedoch viele 
Anwohner bewegt, ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des 
Polizeieinsatzes. Die Polizei selbst spricht von rund 20 Autonomen, die 
rund um das Haus an der Marienstraße 41 demonstriert beziehungsweise 
versucht haben, in das Gebäude zu gelangen. Über die Anzahl der 
Polizisten allerdings gibt es „aus einsatztaktischen Gründen“ keine 
Angaben. Wer aber allein die Menge an Einsatzfahrzeugen und Polizisten 
an vergangenen Freitag gesehen hat, der musste davon ausgehen, dass die 
Polizei mindestens 100 schwer bewaffnete Gegner dort erwartet hat ...
Es heißt, die Polizei handele dabei auch zum Schutz der Bevölkerung. 
Vielleicht können sich die Beamten das nicht vorstellen, aber ein 
solches Auftreten verursacht bei den Bewohnern Panik. Wenn ich abends 
nicht zu meiner Wohnung komme, weil jede Zufahrt zum Ölberg von der 
Polizei abgeriegelt wird, wenn ich auch zu Fuß die Marienstraße nicht 
durchqueren darf, wenn an jeder Ecke Polizisten in Schutzmontur und mit 
Schlagstöcken stehen und immer wieder Gruppen von ihnen einzelne 
Personen durch die Straßen jagen, dann wähne ich bürgerkriegsähnliche 
Zustände vor meiner Haustür – und nicht 20 Autonome in und um ein Haus 
herum verteilt. Mögen sie auch Messer und Schlagdorne mit sich tragen. 
Nicht ohne Grund sprach der „Verein Unternehmer/innen für die Nordstadt“
 in einer Erklärung nach dem ersten Vorfall von „einem 
Belagerungszustand durch die Polizei“.
Die Autonomen legen den Finger mit ihrer Aktion in die richtigen Wunden.
 Dass sie sich mit einer Hausbesetzung nicht überall Freunde machen und 
das Einschreiten der Polizei bewusst herausfordern, liegt auf der Hand. 
Aber dass sich die Polizei derart provoziert fühlt, dass sie mit einer 
solchen Mannschaftsstärke und Härte dagegen vorgeht, ist erschreckend 
und spricht gerade nicht für ein überlegtes und souveränes Handeln. Als 
Bürgerin fühle ich mich so nicht geschützt, sondern gefährdet. 
Es steht zu befürchten, dass es bald wieder zu weiteren Einsätzen auf 
dem Ölberg kommen wird. Damit wird die wichtige Diskussion um 
Leerstände, Nahversorgung und gezieltes Herunterwirtschaften von 
Immobilien nicht etwa gefördert, sondern in den Hintergrund gedrängt. 
Zum Wohl des Stadtteils und seiner Menschen muss man hoffen, dass 
Autonome und Polizei ihr Vorgehen auch in den eigenen Reihen kritisch 
diskutieren.
Wuppertaler Rundschau, 17. September 2014
