Hamburgs Behörden gehen gegen Internetdokumentation von Demonstrationen vor
Die Hamburger Polizei wird bei der Arbeit nicht gerne fotografiert. Am 
Mittwoch durchsuchte sie bei einem Linke- und ver.di-Aktivisten die 
Wohnung. Als Betreiber des Internetaccounts »Demofotografie HH« soll 
dieser bei Facebook und Twitter Aufnahmen von Demonstrationen und 
Aktionen verbreitet haben, die auch Polizisten zeigen. Das sei ein 
Verstoß gegen das »Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der 
Photographie«, heißt es im jW vorliegenden Durchsuchungsbeschluß. Es 
wurde wegen »Verbreitung/Öffentlicher Zurschaustellung von Bildnissen 
gemäß § 33 i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG« ermittelt. Die örtliche 
Linksjugend solid sieht das als Vorwand und befürchtet eine 
Einschränkung der Möglichkeiten, Polizeieinsätze bei Versammlungen und 
Demonstrationen zu dokumentieren.
In einer Verfügung der Hamburger Behörden wird dem Aktivisten auferlegt,
 eine Vielzahl von Fotos innerhalb von drei Tagen von der Webseite zu 
entfernen und die Bilder nicht weiter zu verbreiten. Diese stellten 
einen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der fotografierten Beamten
 dar. »Hinzu kommt, daß mit der Möglichkeit, für Jedermann einsehbare – 
auch beleidigende und verleumderische – Kommentare zu den eingestellten 
Fotos zu verfassen und zu veröffentlichen, ein digitaler Pranger 
geschaffen wurde, der die Rechte der Betroffenen massiv verletzt.« Es 
handele sich nicht um Bildnisse aus dem Bereich des Zeitgeschehens, so 
die Behauptung der Polizei.
Die Linksjugend-Landessprecherin Leonie Meliones betonte am Mittwoch 
nachmittag in einer ersten Stellungnahme, unabhängig von der rechtlichen
 Frage, welche Bilder Zeitgeschehen abbildeten und welche nicht, sei es 
»skandalös, eine Hausdurchsuchung durchzuführen« und damit einen 
erheblichen Eingriff in die Privatsphäre staatlich anzuordnen, »obwohl 
alle nötigen ›Beweise‹ online einsehbar und eindeutig zuzuordnen sind«. 
Offenbar schätze die Polizei der Hansestadt ihr eigenes Verhalten auf 
Demonstrationen so ein, daß sie dieses ungern in der Öffentlichkeit 
dokumentiert sehe. »Wir dagegen halten eine Kontrolle der Polizei für 
unumgänglich«, erklärte Meliones. Die Erfahrungen mit 
»›Gefahrengebieten‹, rassistischen Kontrollen von Flüchtlingen und der 
zur Normalität gehörenden Polizeigewalt auf Demonstrationen« mache diese
 notwendig.
Die linke Jugendorganisation forderte die sofortige Einstellung des 
Verfahrens und die Rückgabe aller beschlagnahmten Gegenstände. Die 
öffentliche Dokumentation von Polizeieinsätzen auf Versammlungen dürfe 
nicht unter Berufung auf das Kunsturhebergesetz kriminalisiert werden. 
»Die Pressefreiheit darf nicht ausgehebelt werden, indem linke 
Presseaktivität Repression und Einschüchterung zur Folge hat«, so 
Meliones.
