Dresden. Der Plüsch-Hirsch winkt, tänzelt durch ein Klassenzimmer, wird von der Lehrerin freudig begrüßt: Was wie ein nettes Video daherkommt, ist in Wahrheit eine Werbekampagne von den Jungen Nationaldemokraten (JN), der Nachwuchs- und Rekrutierungsorganisation der rechtsextremen NPD. Als „Platz-Hirsch“ getarnt, versuchen die Kameraden momentan, sich sachsenweit Zugang in Schulen zu verschaffen.
Während die Rechtsextremen unter anderem in Oschatz, Wurzen und Riesa 
scheiterten, konnten sie sich im vogtländischen Reichenbach als 
vermeintliche Schülersprecher in eine Berufsschule schleichen. Die JN, 
die mit dem Video offiziell gegen die Droge Crystal mobilisieren will, 
feiert sich im Internet für den gelungenen Coup – und nimmt dafür auch 
Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs sowie weitere juristische 
Konsequenzen in Kauf. Das Tückische an dem Video ist außerdem: In seiner
 Machart ähnelt es den berüchtigten Panther-Videos des 
Nationalsozialistischen Untergrunds, in denen sich die NSU-Terroristen 
ihrer Taten rühmten.
Das sächsische Kultusministerium  machte in 
einer gemeinsamen Erklärung mit dem Landeselternrat und dem 
Landesschülerrat klar: „Diese Aktionen sind rechtswidrig und werden in 
keiner Weise geduldet. Die Schulleitungen sollen in solchen Fällen 
umgehend von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und, falls notwendig, 
weitere Aktionen mit Hilfe der Polizei unterbinden.“ Man lasse nicht zu,
 dass an Schulen rechtsextremer Nachwuchs angeworben und gegen Ausländer
 gehetzt wird. Die Bildungsagentur sprach von einer „ungeheuerlichen 
Aktion“ und „gezielten Provokationen“. Politische Werbung ist laut einem
 Erlass aus dem Jahr 1999 an Sachsens Schulen grundsätzlich verboten.
Dass es sich bei der JN-Aktion um keinen braunen Streich, sondern um gezielte Propaganda handelt, liegt auf der Hand. Laut dem rechtsextremen Nachwuchs wird gegen die Verbreitung des verheerenden Crystals mobil gemacht – dabei wird allerdings verschwiegen, dass zahlreiche Kameraden bereits wegen Drogendelikten ins Visier von Staatsanwälten gerieten und auch schon verurteilt wurden. In Thüringen saß beispielsweise der Inhaber der Neonazi-Modemarke Ansgar Aryan und des angeschlossenen Versandhandels NordicTex wegen Drogenhandels viereinhalb Jahren in Haft.
 In Sachsen wurden im vergangenen Jahr drei Neonazis aus dem Umfeld von 
NPD-Landesvize Maik Scheffler wegen Drogenhandels verurteilt. Die 
Kameraden aus Delitzsch und Eilenburg (Nordsachsen) sollen dank der 
Partydroge Crystal 300.000 Euro kassiert haben. Nur, um zwei 
exemplarische Fälle zu nennen. Die NPD versucht stets, die Täter als 
Einzelgänger herunterzuspielen. NPD-Sprecher Jürgen Gansel: „Das 
schwerkriminelle Gesindel trägt aus reiner Profitgier zur Vergiftung 
unseres Volkes bei“ – doch die bekannten Fälle legen eine andere 
Wahrheit nahe.
„Neben Körperverletzungsdelikten ist 
Drogenkriminalität eine der am häufigsten zu findenden Vorstrafen im 
Nazi-Bereich. Das gerade nun die NPD sich als Saubermann-Partei und 
Anti-Drogen-Vorkämpfer zu profilieren versucht, ist grober Unfug“, 
erklärt Silvio Lang vom Linken-Landesvorstand. Auch Miro Jennerjahn, 
Rechtsextremismus-Experte der sächsischen Grünen, bestätigt: „In den 
letzten Jahren sind in Sachsen immer wieder Neonazis als Drogenhändler 
auffällig geworden. Die Neonazi-Szene in Sachsen und damit auch die JN 
ist Teil des Problems Drogenhandel und organisierte Kriminalität – nicht
 Teil der Lösung.“
