Werden die Einschläge mehr? Was tut die Leipziger Polizei bei der Aufklärung der Anschläge in Plagwitz, am Technischen Rathaus, bei Attacken gegen NPD-Stadträte? Oder besser gefragt: Was kann die Polizei eigentlich allgemein tun? Denn seit Jahren wird die Schneise der „Polizeireform 2020“ sichtbar breiter im Personalbestand der Beamten. Fragt sich nun der Stadtrat der SPD, Claus Müller, wenn auch nur aktuell bezogen auf den Vandalismus. Denn dahinter lauert eine weitere Frage: Haben die Beamten eigentlich noch Zeit für Szenekenntnisse im bunten Gemisch der Messestadt?
Offenbar zunehmend weniger, die Stadt Leipzig wächst und die Polizei 
schrumpft. Bei 10.000 neuen Bewohnern pro Jahr wäre sogar ein Erhalt des
 Bestandes von rund 2.000 Polizisten in Leipzig (inkl. Sekretärin) ein 
Schrumpfungsprozess. Ein Bevölkerungswachstum, bei welchem auch die 
Neuleipziger aus dem Umland bis aus aller Welt neben ihren Hoffnungen 
und Träumen ihre Streitereien und Sorgen mit nach Leipzig bringen. Und 
die anfallenden Kriminalitätsfelder von Kleinkriminalität über 
Rauschgift und Enkeltrick bis hin zum Raub und Mord schlicht denen einer
 wachsenden Großstadt entsprechen.
Denn neben dem hier und da in Leipzig aufploppenden - vorrangig links 
zugeschriebenen - Vandalismus gegen das Technische Rathaus, 
Wartehäuschen in Plagwitz und Wohnungen von NPD-Stadtratskandidaten ist 
auch offen ausgetragene Gewalt auf der Straße selbstredend keine 
Seltenheit. Ob die Aufklärungsquote steigt oder sinkt, wird man zwar 
erst mit den Kriminalitätszahlen für 2014 wissen, aber man ahnt: Weniger
 Beamten plus Bevölkerungswachstum in Leipzig und eine unterstellte, 
gleichbleibende Kriminalitätsrate macht: Weniger Aufklärung von 
Straftaten. Auch wenn so mancher noch glaubt, noch mehr 
"Flexibilisierung" würde Menschen ersetzen, scheint die Rechnung zu 
stimmen.
Doch zu dem, was den SPD-Stadtrat und ordnungspolitischen Sprecher 
seiner Fraktion, Claus Müller bei dem Anschlag auf die Ausländerbehörde 
im Technischen Rathaus wach machte und empörte. „Mir ist vollkommen 
unklar, was die Täter damit – außer einfach Schaden zu machen - 
erreichen wollten, wenn sie beim Technischen Rathaus Scheiben einwerfen 
und die Fassade mit roter Farbe besudeln. Solche Aktionen zeugen von 
ausgeprägter Dummheit der Täter und aus meiner Sicht gibt es nichts, was
 Vandalismus rechtfertigen könnte.“
Er gehe davon aus, dass die Polizei alles daran setzen werde, die 
Verantwortlichen sowohl für die Randale in Plagwitz als auch den Angriff
 auf das Technische Rathaus schnellst möglich ausfindig zu machen, so 
Müller.
Doch der Stadtrat ahnt, dass es anders laufen könnte, denn so kann man 
es in der Begleitmeldung zum Statement lesen: „aus Sicht des SPD-Mannes 
hat auch die Polizeireform der Staatsregierung ihren Teil dazu 
beigetragen, dass sich Randalierer bei solchen Aktionen scheinbar sehr 
sicher fühlen können.“ Nicht nur Randalierer. Auch der Gewalttäter, 
Enkeltrickser und der drucktrinkende Raser.
Die Frage, inwieweit die Kriminalbeamten und szenekundige Beamte der 
Leipziger Polizei noch Zeit für tiefer gehende Recherchen oder gar 
langfristigen Szeneerkundungen in allen Schwerpunktfeldern, geschweige 
für präventive Arbeit haben, kann man da eigentlich nur noch anfügen. 
Und die Antwort vorerst offen lassen. Nicht grundlos werden zunehmend 
Kameras an seltsamen Orten der Stadt postiert, bleiben auch schwerste 
Straftaten, wie Prügelattacken auf offener Straße oder brutale 
Übergriffe als offene Vorgänge in den Akten liegen. Egal dabei, wer sie 
verübt und ob politische Zusammenhänge dabei überhaupt noch eine Rolle 
spielen.
Claus Müller (SPD) versucht's am Ende noch mal mit guten Worten, in der 
Hoffnung, in Dresden hört man nach fünf Jahren der anderen Richtung noch
 zu: „Ein Abbau der Zahl der Polizisten, weil - so die Argumentation des
 Innenministeriums - die Bevölkerungszahlen in Sachsen zurückgingen, ist
 kontraproduktiv und besonders in wachsenden Regionen kann das kein 
gangbarer Weg sein. Ein gewisses Maß an Polizeipräsenz ist sinnvoll und 
notwendig, um Verbrechen vorbeugen zu können.“
Etwas dass, wie Müller feststellt, auch dem Ministerpräsidenten 
mittlerweile aufgefallen zu sein scheint. Er hat bei ihm ein Einsehen 
entdeckt „… dass seine Polizeireform in die falsche Richtung ging, 
schließlich möchte er nach der Landtagswahl wieder mehr Polizisten 
einsetzen.“.
„Wir werden ihn beim Wort nehmen, auch wenn es absurd ist, dass er 
dieses Thema nicht sofort anpacken will“, erklärt Claus Müller 
abschließend. Das mit dem „Sofort“ und der Frage „Warum eigentlich 
nicht?“ lassen wir jetzt im Angesicht der laufenden Verhandlungen zum 
Doppelhaushalt 2015/16 in Sachsen mal so stehen. Diesen, so das erklärte
 Ziel der CDU, wird man noch vor dem 31. August 2014 mit dem alten 
Landtag beschließen. Und die Zeichen stehen nach wie vor auf Sparkurs.
Zum Artikel vom 16. Oktober 2013 auf L-IZ.de
Der Stadtrat tagt: „Mehr Polizei nach Leipzig“ - Polizeichef Merbitz bei Sicherheitspolitischer Stunde
Aus der Mediathek - Die Audios der sicherheitspolitischen Stunde im Stadtrat vom 16. Oktober 2013 zum Nachhören auf L-IZ.de
Audio - Stadtrat 16.10.2013: Sicherheitspolitische Stunde, Teil 1 - Uni Leipzig, Stadtverwaltung und Polizei
Audio - Stadtrat 16.10.2013: Sicherheitspolitische Stunde, Teil 2 - Die Einschätzungen der Stadtratsfraktionen
