Für die Grün-Rot ist das eines der noch offenen Streitthemen. Während der Innenminister keinen Reformbedarf mehr sieht, pochen die Grünen zumindest auf eine Aufgabenkritik.
Die mögliche Reform des Verfassungsschutzes bleibt ein Zankapfel 
zwischen den Grünen und Innenminister Reinhold Gall (SPD). Der 
Ressortchef sagte der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart, das Amt sei 
seiner Meinung nach bereits gut organisiert. "Daher muss unser 
Verfassungsschutz nicht auf den Kopf gestellt werden, wie es 
offensichtlich in anderen Ländern der Fall ist."
Dagegen betonte Grünen-Innenexperte Uli Sckerl: "Eine Strukturreform des
 Landesamtes für Verfassungsschutz sehen wir als eine wichtige Aufgabe 
der Koalition in dieser Wahlperiode an." Es müsse geprüft werden, ob der
 Verfassungsschutz die richtigen Schwerpunkte setze.
Auslöser der seit Monaten schwelenden Debatte sind die NSU-Morde. Die 
Morde der Rechtsterroristen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" 
(NSU) waren auch den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg nicht 
aufgefallen. "Neonazi-Terroristen hatten jahrelang vermehrte persönliche
 Kontakte zum Südwesten, ohne dass die Sicherheitsbehörden das bemerkt 
hatten", erinnerte Sckerl. Struktur und Ausrichtung des Landesamtes 
müssten intensiver betrachtet werden.
				
				
Der NSU soll von 2000 bis 2007 zehn Menschen getötet haben - 
Kleinunternehmer mit ausländischen Wurzeln und die Polizistin Michele 
Kiesewetter in Heilbronn. Die Terroristen hielten sich mehrfach im 
Südwesten auf.
Gall verwies darauf, dass Baden-Württemberg bereits die Empfehlungen des
 NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag umgesetzt habe. Dazu gehöre 
etwa eine bessere Zusammenarbeit des Amtes mit der Polizei. "Und wir 
haben relativ zügig durch interne Umschichtungen den Bereich 
Rechtsextremismus besser ausgestattet." Die Prüfung einer Arbeitsgruppe 
seines Hauses habe auch ergeben, dass eine Eingliederung des Amtes in 
das Innenministerium keinen Sinn mache. "Es ergäben sich keine 
Synergien." Der Innenminister sieht auch keine großen Einsparpotenziale 
bei dem Geheimdienst, "jedenfalls nicht in der Größenordnung, die manche
 vermutet haben".
Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann hatte hingegen im vergangenen 
Sommer erklärt, aus ihrer Sicht seien bei dem Amt 30 bis 50 Prozent 
Stelleneinsparungen drin. Das Landesamt hat rund 340 Mitarbeiter. Gall 
betonte hingegen: "Der Verfassungsschutz ist schlank aufgestellt, was 
das Personal und die Mittelausstattung anbelangt."
Sckerl erklärte, es komme nicht nur auf die Stellenzahl an, sondern auf die Ausrichtung des Amtes.
"Man darf sich auch fragen, ob politische Aufklärung und die Auswertung 
öffentlicher Zeitungsberichte Kernaufgabe des Verfassungsschutzes ist." 
Die parteiübergreifend anerkannte Landeszentrale für politische Bildung 
könne das besser.
Die mögliche Reform wird auch Thema der Enquete-Kommission des Landtags 
sein, die bald ihre Arbeit aufnehmen soll, um Schlussfolgerungen aus den
 NSU-Morden für Baden-Württemberg zu ziehen. Einig sind sich Grüne und 
SPD darin, dass die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes 
besser werden soll. Bislang sind der Innenausschuss und der Ständige 
Ausschuss des Landesparlamentes dafür zuständig. Künftig soll es ein 
eigenes parlamentarisches Kontrollgremium für den Verfassungsschutz 
geben.
			
				

