Für
 den 23. und 24. Mai kündigten niederbayerische Neonazis um das 
„Infoportal Niederbayern“ und die rechte Partei „Der III. Weg“ ein 
„Aktionswochenende“ gegen die geplante Erstaufnahmestelle für 
Asylsuchende in Deggendorf an. Für Freitag war eine Kundgebung in der 
Innenstadt, für Samstag sogar ein Aufmarsch durch die gesamte Stadt 
geplant. Das Bündnis „Deggendorf Nazifrei“, sowie die antifaschistische 
Gruppe „Unruhiges Hinterland“ Deggendorf riefen gemeinsam mit der SPD 
und Linkspartei zu Gegenprotesten auf.
 
Freitag
Bereits
 zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen sollte eine rechte Kundgebung 
am Michael-Fischer-Platz stattfinden. Neben der zentralen Lage ist der 
Michael-Fischer-Platz für die Nazis sicherlich auch von symbolischer 
Bedeutung. Hier fanden im Mittelalter die anti-jüdischen Pogrome statt, 
zu deren Andacht bis in die 1990er Jahre unter der Bezeichnung 
„Deggendorfer Gnad“ eine antisemitische Wallfahrt zelebriert wurde.
Gegen
 17 Uhr fanden sich rund 15 Neonazis aus dem Umfeld der neuen rechten 
Partei „Der III. Weg“ am Kundgebungsort ein und begannen mit dem Aufbau.
 Es sollte aber noch eine weitere Stunde vergehen, bis technische 
Probleme mit der Anlage gelöst wurden. In der Zwischenzeit formierte 
sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein antifaschistischer 
Protest, der zunächst aber mit sehr fragwürdigen polizeilichen Maßnahmen
 konfrontiert wurde. So wurden Taschenkontrollen durchgeführt, 
Transparente wurden begutachtet und fotografiert. Ein SPD-Stadtrat 
musste seine mitgebrachten Fahnen entrollen, mit der Begründung es 
könnten gefährliche Gegenstände darin versteckt sein. Des Weiteren 
wurden mitgebrachte Ordner-Binden als Anlass genommen, die Spontanität 
des Protestes in Frage zu stellen. Außerdem wurde die Gruppe 
GegendemonstrantInnen aus einem Auto heraus von Polizeibeamten 
fotografiert, obwohl es hierfür weder einen Anlass noch eine rechtliche 
Grundlage gab. Nach langer Diskussion mit der Einsatzleiterin, die 
anscheinend der Meinung war es würde ihre Autorität untermauern, wenn 
sie ohne Angabe von rechtlichen Grundlagen Trillerpfeifen verbietet, 
wurde die Gegenkundgebung spontan angemeldet. Diese wuchs schnell auf 
circa 60 Personen an und war somit der rechten Kundgebung zahlenmäßig 
weit überlegen. Auch die Rede- und Musikbeiträge der mittlerweile 
angelaufenen Nazi-Kundgebung waren dank des lautstarken Protests nicht 
zu hören¹. Neben bekannten lokalen Nazis waren auch „Aktivisten“ aus dem
 Rest Bayerns anwesend. So schlossen sich auch der Neonazi Roy Asmuß (Teising/ Lkr. Altötting) und der BIA-Aktivist Karl-Heinz Statzberger (München)
 der Kundgebung in Deggendorf an. Nach etwa 90 Minuten beendeten die 
Nazis ihre Kundgebung und reisten ab. Etwa 10 der anwesenden Rechten 
begaben sich nach Niederpöring in das Haus von Walter Strohmeier und Michael Kastner um dort zu übernachten.
Samstag
Für
 diesen Tag planten die Neonazis einen Aufmarsch durch Deggendorf der um
 13:00 Uhr am Bahnhof beginnen sollte. Bereits eine Stunde früher begann
 die Kundgebung von „Deggendorf Nazifrei“, der SPD und der Linkspartei 
in der Nähe der „Alten Stadtwaage“ in der Bahnhofstraße und somit an der
 Demonstrationsroute der Neonazis. Bereits hier kam es zu einer 
Provokation des Neonazis Roy Asmuß.Dieser
 hielt in seinem Pkw neben den GegendemonstrantInnen an, stieg aus und 
bedrohte anwesende Personen. Einige herbeigeeilte AntifaschistInnen 
wurden sofort von der Polizei von der Straße gedrängt und 
abfotografiert. Asmuß blieb völlig unbehelligt und fuhr anschließend 
weiter in Richtung Bahnhof. Der anwesenden Presse gegenüber behauptete 
die Polizei, das Auto wäre von GegendemonstrantInnen angehalten worden. 
Dies sollte nicht das letzte Fehlverhalten der Einsatzkräfte an diesem 
Tag bleiben.
Gegen
 13:30 hatten sich rund 40 Neonazis am Bahnhof versammelt und zogen 
zunächst in Richtung  Asylunterkunft in der Stadtfeldstraße. Es ist 
schlichtwegskandalös, dass es Nazis gestattet wird in unmittelbarer Nähe
 zu schutzsuchenden Menschen  rassistische Hetze zu verbreiten. Das 
Landratsamt und die Stadt Deggendorf müssen sich an dieser Stelle den 
Vorwurf gefallen lassen fahrlässig gehandelt zu haben, indem sie eine 
Horde Nazis an einem von AsylbewerberInnen bewohnten Gebäude 
vorbeiziehen lassen.
Anschließend
 zogen die Neonazis die Bahnhofstraße stadteinwärts und somit an der 
Gegenkundgebung vorbei, von der ihnen lautstarker Protest 
entgegenschlug². 
Anschließend
 schafften es viele AntifaschistInnen in die Innenstadt zu gelangen, um 
auch dort den Aufmarsch der Neonazis mit Protest zu begleiten. Hier kam 
es zu einigen Auseinandersetzungen mit Neonazis und der äußerst 
aggressiv auftretenden Polizei.
 
So schlug der Neonazi Marcel Finzelberg (Schonungen)
 einem Antifaschisten mit der Faust ins Gesicht, als dieser ihn 
aufforderte das Fotografieren von GegendemonstrantInnen zu unterlassen. 
Die herbei eilende Polizei hielt jedoch nicht, wie eigentlich zu 
erwarten, den rechten Schläger fest, sondern den Antifaschisten, von dem
 sie eine Identitätsfeststellung erzwang. Finzelberg wurde ohne jegliche
 Konsequenzen weiterziehen gelassen. Alleine die Tatsache einen Neonazi,
 von dem es bekannt ist, dass er bereits in der Vergangenheit gegenüber 
Nazigegnern handgreiflich wurde (Regensburg Digital berichtete³), von 
der Polizei unbehelligt außerhalb der Demonstration laufen zu lassen und
 ihm so zu ermöglichen, Fotoaufnahmen von GegendemonstrantInnen 
anzufertigen, ist in keinster Weise hinnehmbar. Dass die Polizei bei 
einem Angriff dann nicht einmal zwischen Opfer und Täter unterscheiden 
kann, oder auch will, spricht für sich.
Des
 Weiteren kesselte die Polizei immer wieder grundlos AntifaschistInnen 
ein, die ihren Protest an der Demonstrationsroute zum Ausdruck brachten 
und ging hier mehrmals mit Faustschlägen und heftigem Schubsen vor. 
Einem 15-Jährigen Jungen, der sich den Protesten anschließen wollte, 
drohte ein Beamter der Bereitschaftspolizei mit den Worten: „Wenn Du 
noch einen Schritt weiter gehst hau ich dir mit meinem Schlagstock alle 
Zähne aus dem Mund!“ 
Die
 derzeit von einem „Nazi-Sticker“-Skandal⁴  geplagte Sondereinheit 
„Unterstützungskommando“ (kurz: USK) der bayerischen 
Bereitschaftspolizei verbessert ihr Image sicher nicht durch solch 
martialisches und aggressives Auftreten gegenüber friedlichen 
NazigegnerInnen.
Die
 Nazis zogen am Nazi-Treff „Gasthaus Gruber“ im Nördlichen Stadtgraben 
vorbei in Richtung Graflingerstraße, wo sie in der Nähe der Sparkasse 
eine etwa 20-minütige Kundgebung abhielten, die aber auch im lautstarken
 Gegenprotest unterging. Anschließend zogen sie über die 
Hindenburgstraße zurück zum Bahnhof, wo die Demonstration nach einer 
Abschlusskundgebung um circa 16 Uhr aufgelöst wurde.
Um
 noch einmal auf die nicht hinnehmbaren Zustände in Deggendorf 
hinzuweisen formierte sich spontan eine antifaschistische Demonstration 
mit rund 30 TeilnehmerInnen, die von der Graflingerstraße her kommend 
durch die gesamte Innenstadt zog und sich bei der Stadthalle wieder 
auflöste.
Fazit
Für uns mischt sich hier ein fader Beigeschmack mit Hoffnung für die Zukunft. 
Ein
 fader Beigeschmack, weil es gewalttätige Übergriffe von Nazis und 
PolizistInnen auf GegendemonstrantInnn gab. Weil das Landratsamt und die
 Stadt Deggendorf wieder einmal eine katastrophale Informationspolitik 
betrieben hat und die Informationen über die Veranstaltungen zum 
wiederholten Male nicht von offizieller Seite kamen, sondern von der 
„antifaschistischen informations- dokumentations und archivstelle 
münchen e.V.“ (kurz: a.i.d.a.-Archiv). Und weil es von offizieller Seite
 anscheinend kein Bestreben gab, Nazis nicht an einer Unterkunft für 
Asylsuchende vorbeiziehen zu lassen.
Viele
 Leute haben an dem Tag aber auch gezeigt, dass Deggendorf endgültig 
kein Ort mehr ist, an dem Nazis und Rassisten ungestört ihre Hetze 
verbreiten können. Dies zeigte sich durch die gut besuchten 
Gegenkundgebungen, welche es in diesem Umfang in Deggendorf noch nie 
gab. Durch den mutigen Einsatz vieler AntifaschistInnen gelang es auch, 
den Nazi-Aufmarsch auf seiner gesamten Länge mit Protest zu begleiten. 
Mehr als 150 Menschen sind an diesem Wochenende gegen Nazis auf die 
Straße gegangen. Das lässt uns positiv in die Zukunft blicken!
Wie
 das „Infoportal Niederbayern“ mittlerweile angekündigt hat, wird es 
seine Aktivitäten einstellen. Das ist aber leider kein Grund zur Freude,
 da nahtlos in die rechte Partei „Der III. Weg“ übergegangen wird. Es 
muss auf jeden Fall weiter mit Aktionen aus dem rechten Milieu in 
Deggendorf gerechnet werden. Diesen werden wir uns aber weiterhin 
entschlossen entgegenstellen!
Deggendorf Nazifrei!
¹ http://www.pnp.de/region_und_lokal/landkreis_deggendorf/deggendorf/1310589_Lautstarker-Protest-gegen-Neonazi-Parolen.html
² http://www.pnp.de/region_und_lokal/landkreis_deggendorf/deggendorf/1311802_Protest-gegen-Neonazi-Umzug.html
³ http://www.regensburg-digital.de/prugelnder-nazi-fuhlt-sich-in-seiner-ehre-verletzt/19062013/
⁴http://www.publikative.org/2014/05/20/nazi-aufkleber-in-polizei-einsatzfahrzeug/
 
Quelle: http://www.deggendorf-nazifrei.org/2014/06/02/deggendorf-proteste-gegen-...