Leipzig. Etwa 160 Neonazis sind am Sonntagnachmittag durch Leipzig-Lindenau marschiert. Begleitet wurde der Zug von einem Großaufgebot der Polizei und mehreren Hundert Gegendemonstranten – die friedliche Sitzblockaden, aber auch brennende Barrikaden errichteten. Die Polizei griff zum Teil hart durch, ließ Straßenkreuzungen räumen und Platzverweise aussprechen. Aufgrund des Widerstands der Gegendemonstranten musste die geplante Route der Neonazis verkürzt werden. Die Polizei schätzte die Zahl der Gegendemonstranten auf etwa 450, andere Quellen sprachen von bis zu 1000. Davon seien etwa 250 als gewaltbereit einzuschätzen, so die Polizei am Sonntagabend.
Bereits in den Mittagstunden hatten sich die Gegner des Aufmarschs in kleineren Gruppen an verschiedenen Punkten im Stadtteil versammelt, um die Anreise der Rechtsextremen zu erschweren. Mit Verspätung konnte NPD-Vorstand Maik Scheffler trotzdem gegen 14 Uhr den Marsch auf dem Lindenauer Markt eröffnen. Zu diesem Zeitpunkt bestanden auf dem ersten Drittel der geplanten Strecke schon mehrere Sitzblockaden, waren Mülleimer umgekippt und Glascontainer auf der Straße ausgeleert worden. „Aus taktischen Gründen wurde der Demonstrationszug dann in entgegengesetzt Richtung geführt“, erklärte Polizeisprecher Uwe Voigt gegenüber LVZ-Online.
Brennende Barrikade in der Uhlandstraße – Polizei lässt Sitzblockade räumen
Die
 Rechtsextremen liefen somit in Richtung William-Zipper-Straße und 
Uhlandstraße. Auch hier wurden sie bereits von den Gegendemonstranten 
erwartet, die sitzend die Straße blockierten. Zudem war auch Unrat 
aufgetürmt und angezündet worden. „Die brennenden Barrikaden haben der 
Situation sicher nicht geholfen“, so Stadträtin Juliane Nagel (Linke), 
Mitorganisatorin der Gegendemonstrationen im Netzwerk „Leipzig nimmt 
Platz“. Allerdings habe sich die Situation auch schnell beruhigt und sei
 der Gegenprotest ansonsten friedlich geblieben. 
Umso unverständlicher war aus ihrer Sicht, warum die Polizei dennoch 
hart durchgriff. „Es gab sehr unschöne Räumungsaktionen auf der Straße, 
Menschen wurde rabiat ins Gesicht gegriffen, es gab auch kurze 
Treibjagden auf Demonstranten“, so Nagel gegenüber LVZ-Online. 
Polizeisprecher Uwe Voigt berichtet, dass die Ordnungskräfte von der 
Feuerwehr gebeten wurden, den Weg zur brennenden Barrikade freizuräumen.
 Einige der Teilnehmer der Sitzblockaden gingen dann freiwillig von der 
Straße, andere mussten weggetragen werden. Mehrere Personen seien 
vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. „Gegen zwei wird nun wegen 
des Verdachts auf Brandstiftung ermittelt“, so der Polizeisprecher 
weiter. Bei diesen handelt es sich um zwei 18-Jährige.
Nach einer
 Zwischenkundgebung im geräumten Kreuzungsbereich zwischen Uhlandstraße 
und William-Zipperer-Straße mussten die Neonazis wieder zurück zum 
Lindenauer Markt laufen. Der Rest, der eigentlich doppelt so lang 
geplanten Route, blieb für die Rechtsextremen versperrt. Darüber freute 
sich Gegendemo-Organisatorin Juliane Nagel besonders: „Es ist toll, wie 
viele Menschen sich heute wieder den Nazis entgegengestellt haben – 
gerade auch bei dem schlechten Wetter. Toll ist auch, dass die Route 
dadurch verkürzt werden musste“, so die Stadträtin. Trotzdem überwog bei
 ihr nach Ende des Aufmarschs auch die Enttäuschung: „Schlimm ist, dass 
es überhaupt wieder eine Nazi-Demo in Leipzig geben konnte.“
Kasek verurteilt Gewalt: "Wir müssen mit den Nazis friedlich fertig werden."
 Jürgen Kasek, Stadtratskandidat der Grünen freute sich ebenfalls über 
den breiten Protest, der den Rechten entgegenschlug. „Am Lindenauer 
Markt hatten die Bewohner Banner in ihre Fenster gehängt, wie NO NAZIS 
und NO JN.“ Die Barrikadenversuche sowie vereinzelte Gewalt und 
Sachbeschädigung verurteilte er jedoch: „Mit den Nazis müssen wir 
friedlich fertig werden.“
Der Anwalt berichtete auch vom teils harten Vorgehen der Polizei. Er 
wurde Zeuge, wie ein einzelner, auf der Straße vor einem Polizeiauto 
laufender Demonstrant von Beamten attackiert wurde. „Ein Polizist packte
 ihn ohne vorherige Ansprache von hinten und warf ihn auf die Straße.“ 
In der Folge sei es zu Wortgefechten zwischen Protestierenden und 
Polizei gekommen. Diese drängte die Umstehenden zurück und setzte 
Reizgas ein. Dabei wurde unter anderem auch die 
Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar von Polizisten angegangen.   
Jürgen
 Kasek fand sich am Sonntag nicht nur auf der Seite der 
Gegendemonstranten, sondern auch auf einem Transparent der Rechten 
wieder. Unter dem Schriftzug: „Nagel, Merbitz, Kasek, Jung sind Leipzigs
 Beerdigung“ prangten die Konterfeis des Polizeipräsidenten, des 
Leipziger Oberbürgermeisters sowie der Stadträtin und des Anwalts. „Das 
war ein klarer Versuch der Einschüchterung und der Diffamierung“, so 
Kasek. Er werde rechtliche Schritte prüfen. „Das macht deutlich, von 
welcher Seite Hass und Gewalt ausgehen. Zumal hinter dem Transparent, in
 den Reihen der Rechten, verurteilte Straf- und Gewalttäter 
marschierten.“
Gegen 15.50 Uhr erreichte der Aufzug der JN seinen
 Ausgangspunkt. Um 15.55 Uhr wurde der Aufzug beendet. Nach dem Ende des
 Einsatzes spricht die Polizei von fünf leichtverletzten Beamten. 
Wieviele Demonstranten Verletzungen davontrugen steht nicht fest.
