Am 14. Mai kam es beim Oberlandesgericht Düsseldorf zur Verlesung der Anklageschrift und der Präsentation erster „Beweismittel“. Es zeigte sich gleich zu Beginn, daß der Prozeß zu einer grotesken Farce wird, die das Ziel verfolgt, ganz allgemein antikapitalistische politische Aktivitäten zu kriminalisieren.
Özkan Güzel wird Verstoß gegen §129b vorgeworfen.
§129b
kriminalisiert die „Unterstützung einer ausländischen
terroristischen Vereinigung“. Was eine terroristische
Vereinigung ist, definiert die US-Regierung und in ihrem Schlepptau
die Bundesregierung. Wer auf die entsprechende schwarze Liste kommt
hängt von den — wechselnden — konkreten Interessen des
Imperialismus ab. So wurden die Taliban, solange sie gegen die
Russen kämpften, als „Freiheitskämpfer“ mit Waffen aufgepumpt, dann
aber zu Terroristen, als die Freiheit Deutschlands am Hindukusch
verteidigt wurde.
Auch bei den
aktuell Kinder kreuzigenden Takfiris in Syrien handelt es sich um
Freiheitskämpfer, während die syrische Armee „ihr eigenes Volk mit
Chemiewaffen bekämpft“. Die PKK war immer
schon eine terroristische Organisation und Hamas und Hisbollah
sowieso. Ganz aktuell handelt es sich beim „rechten Sektor“ in Kiew um
„friedliche Demonstranten“ für mehr Demokratie, wohingegen neben
jedem Wahllokal im Donbas ein Russe mit AK47
stand um die Wähler zu terrorisieren. Kein Konstrukt ist absurd
genug um es nicht in den gleichgeschalteten Medien zu propagieren, die
Dreistigkeit der Lügen ist grenzenlos.
Es bedarf im Prozeß
gegen Genossen Özkan keinerlei Beweises für eine Straftat. Im Kern
geht es um den Charakter des Nato-Bündnispartners Türkei. Es geht
allein darum, die Türkei als demokratischen Musterstaat auszuweisen,
jeden Widerstand gegen den faschistischen Staatsapparat als
„terroristisch“ zu kriminalisieren. Mit aller Gewalt soll mit den
Mitteln des Strafrechts durchgesetzt werden, daß die Türkei ein
demokratischer Rechtsstaat ist und nicht ein Polizeistaat.
Angeklagt sind im Prozeß alle demokratischen Revolutionäre, die im
Namen von Freiheit, Demokratie und Sozialismus für den Sturz des
faschistischen türkischen Regimes kämpfen.
Konsequent wird
Özkan nicht vorgeworfen Bomben gelegt zu haben oder Mordanschläge
geplant und ausgeführt zu haben, was man mit dem Begriff Terror ja
eigentlich in Verbindung bringen würde.
Özkan wird allen Ernstes beschuldigt
- das Group Yorum Konzert mit organisiert zu haben; das Verteilen von Eintrittskarten
- das Verteilen der Zeitschrift Yürüyüs
- Sammeln von
Geldern. Um es nicht falsch zu verstehen: Das Geld wurde nicht mit
“Gewalt” gesammelt.. Es wurde auch nicht für “illegale” Zwecke Geld
gesammelt. Özkan Güzel hat Spenden zur Solidarität mit dem
„Duisburger Familien und Jugendverein“ gesammelt, dessen
Gründungsmitglied er ist.
— Besitz des Schlüssels zu den Räumen dieses Vereins
— in Feriendörfer zu gehen, an demokratischen Aktionen teilzunehmen,
bei diesen Aktionen Transparente zu tragen, Plakate zum Aktionsort
zu bringen
Was davon ist laut Strafgesetzbuch strafbar ?
Als erste
„Beweismittel“ wurden im Prozeß Briefe an Freunde von Özkan aus der
aktuellen Untersuchungshaft verlesen, in denen er sich zu seinen
antikapitalistischen politischen Positionen bekennt und von
seiner Verhaftung berichtet. Nichts davon hat das geringste mit
„Terrorismus“ zu tun, aber alles mit demokratischer legaler
Politik– und Kulturarbeit. So schrieb Özkan z.B. aus der
Isolationshaft (23 Stunden in einer 9-qm-Zelle; 1 Std. Hofgang):
„Ich bin kein Terrorist, sondern ein Revolutionär ! Ich habe
gekämpft für kostenlose Bildung, gegen die Ausbeutung des
Kapitalismus, gegen die NATO, gegen Armut
und für die Volksherrschaft. Sie können mich einsperren, aber sie
können nicht verhindern, daß wir mehr werden. In meiner Familie
gibt es fast keinen, der noch nicht im Gefängnis war. Weil wir gegen
den faschistischen Staat Türkei kämpfen werden wir festgenommen“.
Das Konstrukt der Anklage behauptet einfach, er habe Gelder nicht für
seinen Kulturverein gesammelt oder für das Konzert, sondern für die
Partei DHKP-C und insbesondere für die
Durchführung derer „terroristischen“ Aktivitäten. Daß es auch dem
Gericht weniger um Özkan geht sondern vielmehr um die DHKP-C wurde überdeutlich, als der vorsitzende Richter eine dicke Mappe mit Dokumenten der DHKP-C
verteilen ließ als „Beweismittel“. Es soll „bewiesen“ werden, daß
die Partei die „demokratische“ Verfassung der Türkei gewaltsam
umstürzen will mittels „Terror“, daß sie also gewaltsam der
Bevölkerung ihren Willen aufzuzwingen versucht. Das ist die
eigentliche Anklage.
Wenn erstmal klar ist, daß es sich bei der DHKP-C
um ein solches teuflisches Monster handelt, kann jede Form von
Kontakt zu ihr leicht kriminalisiert werden, dann glaubt man auch
gegen das Abhalten von Konzerten vorgehen zu können oder gegen jede
Form von Protest gegen das Regime in der Türkei.
Mit dem
Genossen Özkan glaubt man leichtes Spiel zu haben, denn er hat aus
seiner politischen Einstellung nie ein Hehl gemacht, er bekennt sich
als Revolutionär kompromisslos zum Kampf gegen das
faschistische Regime in der Türkei, zum Kampf gegen Rassismus,
Ausbeutung und Unterdrückung. Der Faschismus in der Türkei wendet
gegen nahezu alle Festgenommenen Folter an. Dagegen hat sich über die
Jahre hinweg die Haltung etabliert, die Aussage zu verweigern und in
den Hungerstreik zu treten. Obwohl Özkan als Folge eines solchen
Todesfastens am Wernicke Korsakoff Syndrom leidet, hat er sich
seinem Land und seinen Bürgern nicht entfremdet. Er setzt auch im
Ausland energisch seinen Kampf für die türkischen MigrantInnen fort.
Als weitere „Beweismittel“ sollen in der nächsten Woche die Ergebnisse der Überwachung Özkans präsentiert werden.
Dieser Prozeß geht uns alle an. Wenn schon das Verteilen von Flugblättern und Organisieren von linken Konzerten verfolgt wird, als sei es ein Schwerverbrechen, dann ist das ein konkreter Angriff auf die wenigen Rechte, die uns noch eingeräumt werden zum Protestieren.
Kommt zum Prozess. Solidarisiert euch mit unserem türkischen Genossen !
Fortsetzung ist am
21.5. 9.30 Uhr
Oberlandesgericht Düsseldorf
Kapellweg 36
40474 Düsseldorf